Tagebuch - die ersten 120 Tage

In den ersten 120 Tagen ist viel passiert. Ich habe beinahe täglich etwas zu berichten gehabt. Hier kannst du die Reise nochmal hautnah von Tag 1 miterleben!

Der emotionale Abschied von der Familie am Pyraser Brauereifest
Der emotionale Abschied von der Familie am Pyraser Brauereifest

Tag 1 - 26.08.2017

- Regensburg; Deutschland -

 

Der Tag der Abreise ist gekommen. Alles ist sehr emotional und ich bin ein wenig überfordert. Viele Freunde und Verwandte sind gekommen, um mich zu verabschieden und ich will einfach nur los!
Ich fahre die erste 85 Kilometer meiner Reise an der Donau entlang. Von Pyras bis nach Regensburg. Alles ist sehr aufregend und neu. Von meiner Abschiedsfeier am Vorabend bin ich leicht verkatert und habe sogar ein zwei Krämpfe als es bergauf geht. In Regensburg bin ich in der WG einer Freundin untergebracht. Sie ist selbst nicht da, nur Mitbewohner Jonathan. Ich habe ein Zimmer für mich und schlafe sehr gut, da ich erschöpft bin.


Das erste Mal, dass ich meinen Campingkocher benutze. Der Platz direkt an der Donau ist wunderbar!
Das erste Mal, dass ich meinen Campingkocher benutze. Der Platz direkt an der Donau ist wunderbar!

Tag 2 - 27.08.2018

- Vilshofen an der Donau; Deutschland -

 

Ich frühstücke mit Jonathan, dem Mitbewohner meiner Freundin Janina. Danach packe ich langsam mein Zeug zusammen und breche auf. Der nächste Wegpunkt ist Passau. Ich fahre recht viel an diesem Tag, 144 Kilometer. Ich muss mich noch an alles gewöhnen. Das Fahren auf Feldwegen, mit dem schweren Rad, ist für mich noch sehr schwierig. Ich schaffe es ungefähr bis nach Vilshofen und schlage an der Donau mein Zelt auf. Das erste Mal Campen und erstes Mal Kochen mit dem Campingkocher. Ich habe viel zu wenig Wasser dabei! Ich muss noch einiges lernen.


Der erste Grenzübergang. Ich werde Deutschland nun vermutlich für einige Zeit verlassen.
Der erste Grenzübergang. Ich werde Deutschland nun vermutlich für einige Zeit verlassen.

Tag 3 - 28.08.2018

- Linz; Österreich -

 

Es ist eine harte Nacht, weil ich sehr durstig bin und einen Sonnenbrand habe. Wasser holen, nachts in der Donau ist nicht möglich, da der Abstieg über die Steine zu gefährlich gewesen wäre. Für das Frühstück muss ich Donauwasser filtern. Es gibt Porridge. Ein Donaufrachter macht große Wellen und mein Equipment wird nass. Ich mache eine lange Pause in Passau um alle Akkus aufzuladen im Café Kowalski. Auch das mit dem Strom muss ich noch üben. Überquere die österreichische Grenze und bin ab jetzt erstmal für eine lange Zeit Ausländer. Fahre bis nach Linz und übernachte für 10€ auf einem Campingplatz.


Ich bin komplett fertig und schaffe es nicht mal mein Zelt anständig aufzubauen.
Ich bin komplett fertig und schaffe es nicht mal mein Zelt anständig aufzubauen.

Tag 4 - 29.08.2018

- Willersbach an der Donau; Österreich -

Ich breche morgens auf, nachdem ich erneut alle Akkus geladen habe. Möchte heute möglichst weit kommen, damit ich es morgen bis nach Wien schaffe. Fühle mich aber ab mittags sehr schlapp. Muss dann mehrfach brechen. Vielleicht ein Sonnenstich, wahrscheinlich aber eher etwas falsches gegessen. Behalte nichts bei mir. Schleppe mich noch 20km bis zu einem Campingplatz. Der hat geschlossen. Ich habe keine Kraft und stelle hinter Booten versteckt trotzdem mein Zelt auf. Verboten, mir aber egal. Ich bin total fertig und schlafe mich aus.


Mein Großtante Uschi, Tochter Lilly und Hund Spotty! Schön so eine tolle Verwandtschaft zu haben!!
Mein Großtante Uschi, Tochter Lilly und Hund Spotty! Schön so eine tolle Verwandtschaft zu haben!!

Tag 5 - 30.08.2018

- Wien; Österreich -
Schleppe mich tatsächlich bis nach Wien. Das Tempo ist langsam und ich ernähre mich von Cola, Salzstangen und sogar einer Fritattensuppe, die ich tatsächlich bei mir behalte, in St. Pölten. Endlich komme ich in Wien an. Dort empfängt mich meine Verwandtschaft. Großtante Uschi, samt Tochter Lilly und Hund Spotty. Ich habe ein eigenes Zimmer und es gibt tolles Abendessen. Ich bin froh da zu sein und mein Zustand bessert sich am Abend mit jedem Bissen. Dennoch bin ich schwer erschöpft und gehe früh schlafen.


Bunte Köstlichkeiten am berühmten Naschmarkt in Wien
Bunte Köstlichkeiten am berühmten Naschmarkt in Wien

Tag 6 - 31.08.2018
- Wien; Österreich -
Besuche mit Uschi den Naschmarkt und bekomme eine "kleine" Stadtführung durch die Innenstadt. Stephansdom, 1. Bezirk, Rathausplatz, Wiener Kaffeehaus. Vom Naschmarkt nehmen wir Falafel mit, die es zum Abendessen gibt. Lilly ist mit Freundinnen feiern und ich sitze lange mit Uschi am Tisch und wir erzählen. Am Abend bin ich genauso müde, als wäre ich den ganzen Tag geradelt.


Mein Freund Marlon und ich, auf dem wunderbaren Rathausplatz in Wien
Mein Freund Marlon und ich, auf dem wunderbaren Rathausplatz in Wien

Tag 7 - 01.09.2018

- Wien; Österreich -

 

 

 

Das Wetter ist mies und so widme ich mich die gesamte erste Tageshälfte meinem Videotagebuch. Am Nachmittag treffe ich  mich mit Marlon, einem alten Freund aus Schultagen in der Innenstadt. Wir haben super viel zu quatschen und gehen noch gemeinsam zum belbten Rathausplatz.
Am Abend koche ich Thai-Curry für meine (Gast-)Familie.


Lecker Pfifferlinge mit Wirsing im Steigerstöckl
Lecker Pfifferlinge mit Wirsing im Steigerstöckl

Tag 8 - 02.09.2018

- Wien; Österreich -

 

Sonntag genießen, Beine ausruhen und essen gehen. Wir machen einen kurzen Spaziergang, das Wetter ist immernoch mies. Am Abend bereite ich ein weni meine Abreise vor.


Posen am Grenzübergang zu Slowakei
Posen am Grenzübergang zu Slowakei

Tag 9 - 03.09.2018

- Bratislava, Slowakei -

 

Fahre bei anständigem Wetter sehr ausgeruht in Wien los. Mein Weg führt mich  über die slowakische Grenze bis in die slowakische Hauptstadt Bratislava. Auf dem Weg dorthin geht zwischenzeitlich die Welt unter und ich muss mich bei starkem Regen über heftig unwegsames Gelände kämpfen. Aber es macht Spaß! Ich komme am Nachmittag an und suche mir zum ersten Mal auf meiner Reise ein Hostel. Ich gehe slowakisch Abendessen und mache am Abend noch ein paar Stunden Spaziergang und Sightseeing. Das Bier kostet nur 1,80€. Ich fühle mich total wohl und seit heute spricht auch nicht mehr jeder um mich herum deutsch.

 


Bratislava bei Nacht. Das Schloss im Hintergrund
Bratislava bei Nacht. Das Schloss im Hintergrund

Tag 10 - 04.09.2018

- Bratislava; Slowakei -

 

Bleibe spontan einen Tag in Bratislava. Gehe laufen, mache Sightseeing und schneide ein Video. Am Abend gehe ich mit drei Holländern aus meinem Hostel Abendessen und etwas trinken in Bars. Wir spielen Trinkspiele und es ist eine fetzen Gaudi.


Nacktbaden in der Donau, um die Hitze zu ertragen fühlt sich Hammer an!
Nacktbaden in der Donau, um die Hitze zu ertragen fühlt sich Hammer an!

Tag 11 - 05.09.2018
- Sturóvo; Slowakei -

Fahre weiter. Eine Marathonetappe, einmal quer durch die Slowakei mit einigen Widrigkeiten. Treffe zwei Typen aus meiner Heimat, die ebenfalls mit dem Rad unterwegs sind. Wir fahren nach Sturovo an der slowakisch-ungarischen Grenze. Als ich dort ankomme wird es bereits dunkel. Campingplätze gibt es nur auf der ungarischen Seite, ich habe noch keine Forint und bin nach dem langen Tag im Sattel auch relativ platt. Also nehme ich mir ein günstiges Hotelzimmer.


Die Basilika in Esztergom ist sehr imposant!
Die Basilika in Esztergom ist sehr imposant!

Tag 12 - 06.09.2018

-Budapest; Ungarn -

Das Hotelzimmer ist mit Frühstück. Das nutze ich voll aus. Ich überquere die Donau und passiere somit auch die ungarische Grenze. Die nächste Veränderung! Ich verlasse die Euro-Zone. Schaue mir ausgiebig die Basilika von Esztergom an. Eine wirklich eindrucksolle Kirche. Dann fahre ich weiter bis nach Budapest. Komme am Nachmittag dort an und bin bei Inna und Elek untergebracht. Sie sind die Großeltern meines guten Freundes Mark.


Das Riesenrad am Déak Ferenc Tér
Das Riesenrad am Déak Ferenc Tér

Tag 13 - 07.09.2018

- Budapest; Ungarn -
Ich mache Sightseeing in Budapest. Alles auf eigene Faust zu erkunden macht mir sehr viel Spaß. Ich war schon einmal in Budapest und kenne mich somit sogar schon ein wenig aus. Mehr profitiere ich aber von den Tips meines Freundes Mark, die er mir da gelassen hat.

Ich besuche die Fischerbastei, die Burg, den belebten Déak Ferenc tér und einige andere sehenswerte Plätze. Am Abend besuche ich Richard. Wir waren auf der gleichen Schule, aber nicht zur gleichen Zeit. Er hat mich über Instagram kontaktiert. Wir verstehen uns super und gehen noch mit Kollegen von ihm zum Pub-Crawling und anschließend noch in den Nachtclub Ötgert. Ein super geiler Abend. Nachts genehmigen wir uns noch ein Langos.

Ich penne bei ihm in der WG auf der Couch.


Tag 14 - 08.09.2018

- Budapest; Ungarn -

 

Ich frühstücke am Kalvin tér und gehe anschließend zurück in "meine" Wohnung. Dort schneide ich ein Video. Am Nachmittag treffe ich mich wieder mit Richard. Wir gehen Abendessen und trinken dann noch ein paar Bier auf der Szabadság hid, der grünen Brücke am Szent Gellért tér. Anschließend gehe ich wieder zu Fuß nach Hause. Die Strecke ist weit, aber Budapest bei Nacht ist wunderschön.


Tag 15 - 09.09.2018

- Halásztelek; Ungarn -

 

Ich bringe mein Fahrrad in Schuss und packe meine Taschen. Ich verabschieder mich nach einem gemeinsamen Mittagessen von Inna und Elek, dann bringe ich Richard noch seinen Pullover zurück, den er mir geleihen hat.
Ich treffe mich mit einer alten Schulfreundin Lenja noch auf einen Kaffee, danach fahre ich rund 20 Kilometer statdauswärts zu Familienfreund Ungi. Wir haben uns lange nicht gesehen und haben viel zu erzählen. Zum Abendessen gibt es Fleisch, Totellini, Bier und eine Flasche Unikum.


Tag 16 - 10.09.2018
- Szolnok; Ungarn -

Ich habe gestern mit Ungi einige Stamperl typisch ungarischen Kräuterschnaps (Unicum), auf unsere jahrelange Freundschaft getrunken und bin dementsprechend heute etwas später losgefahren und leidlich kraftvoll unterwegs gewesen. Ich war hauptsächlich auf schlechten und vielbefahrenen Landstraßen unterwegs, was psychisch anstrengend war. Gipfel des ganzen war, dass nach 95 Kilometer jemand eine Bierdose aus einem fahrenden Auto auf mich geschmissen und mich angehupt hat. Zum Glück war die Dose leer! Erschrocken bin ich trotzdem und es hat mir dann auch die restliche Fahrt lang, ziemlich die Stimmung versaut. Jetzt zelte ich im Wald.


Tag 17 - 11.09.2018

- Oradea; Rumänien -
Besser spät als nie! Ein durchwachsener Tag. Ich bin früh losgefahren. Zum Glück! Denn erst musste ich gegen Mittag ca. eine Stunde lang die Halterung meiner Packtasche reparieren, die leider leicht kaputt gegangen ist, danach bin ich recht lange auf schlechten Wegen unterwegs gewesen und am Abend, als es schon gedämmert hat und ich noch keine Unterkunft gefunden hatte, haben mich die Grenzbeamten an der rumänischen Grenze noch so richtig schikaniert, was mich nochmal anderthalb Stunden gekostet hat (Die ganze Story dann im ausführlichen Tagebuch). So bin ich erst um 21:00 Uhr in meiner Unterkunft in Oradea, Rumänien angekommen und war heute insgesamt über zwölf Stunden on Tour. Morgen muss ich nochmal genauso weit fahren, bis ich in Cluj bin. Hoffentlich verläuft das etwas reibungsloser.
PS.: Heute war die 1000 Kilometer Marke fällig!


Tag 18 - 12.09.2018
- Radaia; Rumänien -

Diesmal musste ich beißen!! Ich musste heute notgedrungen auf einem Feld campen. ich bin gefahren bis es dunkel wurde. Rumänische Straßen bei Nacht sind jedoch viel zu gefährlich und weiterfahren hätte überhaupt keinen Sinn gemacht. Aufgrund von Schotterpisten, Trampelpfaden, Hitze, Gegenwind (der wenigstens die Hitze erträglicher gemacht hat) und Bergen, bin ich einfach nicht schnell genug vorangekommen, um es in einem Zug zu schaffen. Hinzu kam der psychische Terror der vorbeiheizenden LKW, als ich dann wieder auf befestigten Wegen unterwegs war, weshalb ich zusätzlich häufig verschnaufpausen einlegen musste. Entschädigt wurde ich jedoch definitiv durch die schöne Landschaft in Rumänien! Das was ich bislang von diesem Land gesehen habe gefällt mir sehr!


Tag 19 - 13.09.2018

- Cluj-Napoca; Rumänien -
Mein Gepäckträgerspanner ist kaupp gegangen. Bin die restlichen 35 Kilometer bis nach Cluj gefahren und sehr glücklich nun dort zu sein und mich ein paar Tage ausruhen zu können. Bin bei einer Freundin in der WG untergebracht. Außer mir sind die Mitbewohner und Freunde Lara, Sami und Frieda (Baby) mit in der Wohnung. Mache mit Sami einen Ausflug in die Mall und wir essen Sushi all you can eat. Am Abend gibt es Pizza und Bier. Es geht mir sehr gut!


Tag 20 - 14.09.2018

- Cluj-Napoca; Rumänien -

 

Bringe Lara, Sami und Frieda zum Flughafen, sie fliegen in den Urlaub. Danach ruhe ich mich hauptsächlich aus, hole mir etwas zu essen und aktualisiere meine Tagebücher.


Tag 21 - 15.09.2018

- Cluj-Napoca; Rumänien -

 

 

 

Gehe laufen und zum Postoffice. Leider kommt mein Paket aus München nicht an. Danach gehe ich Einkaufen, koche etwas und schneide den ganzen restlichen Tag.

#inderpausewächstdermuskel


Tag 22 - 16.09.2018

- Cluj-Napoca; Rumänien -

 

 

Letzter Tag in Cluj-Napoca. Schlafe aus, gehe Laufen mache mein Video fertig und schreibe Tagebücher.
Außerdem reinige ich mein Rad, packe meine Taschen schon etwas und bereite mich so auf die Weiterreise vor.

Am Abend auf ein Bier in die Stadt.


Tag 23 - 17.09.2018

- Medias; Rumänien -

 

Nachdem ich Passfotos gemacht habe, bin ich in Cluj-Napoca losgefahren. Dank der Pause hatte ich sehr frische Beine und hab den Tag und die Landschaft durchweg genossen. Schöne Berge, gutes Wetter, tolle Landschaft, schnelles Bike!
Nuff said! 


Tag 24 - 18.09.2018

- Fogarasch; Rumänien -

 

Heute hatte das Picknick machen, eine höhere Bedeutung als das Radfahren. Dafür habe ich erfolgreich meine erste Hundeattacke abwehren können! Drei riesige Wolfshunde haben mich verfolgt, einer hat sogar zugeschnappt, mich jedoch nicht erwischt. Es ist erstaunlich, wie viel Kraft der Körper entwickeln kann, wenn man in Panik gerät. Ich habe die Hunde mit einer Geschwindigkeit von max. 39 km/h an einem leichten Anstieg abschütteln können. Danach habe ich direkt mein Zelt aufgeschlagen, weil ich am Ende war! 😅
PS.: Der Hund auf dem Foto war es nicht! Der war einfach nur süß!


Tag 25 - 19.09.2018

 

- Brasov; Rumänien -
Ballern! Nach dem langsameren Tag gestern, ging heute wieder ein bisschen Tempo. Habe gut gefrühstückt und den Unterschied merkt man einfach sofort und über den ganzen Tag! Hat richtig Spaß gemacht!!! Und diese Berge am Horizont zu sehen hat mich laut jubeln lassen! Am Fuße des Bergs liegt die Stadt Brasov. Hier übernachte ich heute in einem Hostel.


Tag 26 - 20.09.2018

- Brasov; Rumänien -


Ich bin relativ platt, als ich aufwache und mir wurde mehrfach empfohlen, mindestens einen Tag in Brasov zu verbringen, also entscheide ich spontan einen Tag länger zu bleiben. Ich fühle mich den ganzen Tag relativ matt, daher unternehme ich auch nicht besonders viel. Ich versuche es mit ein wenig Sightseeing, doch mir ist es draußen auch zu heiß. Ich will mich ausruhen, damit ich morgen die gesamten 165km bis nach Bukarest schaffe. Ich esse reichlich und gesund zu Abend, dann gehe ich früh ins Bett.


Tag 27 - 21.09.2018

- Bukarest; Rumänien -

 

Eine absolut rekordverdächtige Etappe! Ich fahre die 165 Kilometer in 06:37 Stunden. Das ist eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 25 km/h und weit schneller, als alles, was ich bislang mit dem schweren Rad gefahren bin. Aber die letzten 30 Kilometer muss ich auch ganz schön beißen. In Bukarest angekommen suche ich mir ein günstiges Hostel. Diesmal habe ich aber ein wenig zu sehr auf den Preis geschaut. Das Hostel ist leider wirklich eklig. Bukarest im Allgemeinen gefällt mir nicht besonders. Es ist sehr laut und sehr dreckig. Aber vielleicht bin ich nach dieser Mörderetappe auch etwas übermepfindlich. In der Nacht werde ich von zwei besoffenen, britschen Zimmercompadres geweckt und bin aufgrund übertriebenen Hungers nicht in der Lage wieder einzuschlafen. Also mache ich einen nächtlichen Spaziergang. Bei Nacht ist die Stadt etwas schöner. Weil man den Dreck nicht so gut sieht.


Tag 28 - 22.09.2018
- Iwanowo; Bulgarien -
Den ganzen Weg aus Bukarest heraus, ist es noch sehr dreckig und es gefällt mir nicht besonders. Meine geplante Route über Konstanza habe ich abgeändert, weil mich ein Kumpel zu sich nach Plowdiw eingeladen hat. Die 250 km Umweg nehme ich gerne in Kauf, er hat mir ein kaltes Tegernseer versprochen. Daher führt mich mein Weg heute nicht ans Meer, sondern direkt über die Donau Bulgarien. Direkt auf der bulgarischen Seite angelangt, hatte ich meinen ersten Platten bei dieser Reise. Der hat mich dann letztendlich ein wenig ausgebremst. Hauptsächlich der Kopf. ;)
Jetzt Zelte ich auf einem Berg, am Feld und es ist wunderbar.


Tag 29 - 23.09.2018
Heute sind es vier Wochen seit meiner Abreise. Wahnsinn, was ich schon alles erlebt habe! Kein Tag ist wie der andere  und ich habe mich noch keine Sekunde gelangweilt. Ich bin draußen in der Natur, sehe und lerne unglaublich viel. Und das, obwohl ich noch nicht mal aus Europa draußen bin. Morgen möchte ich mich bis nach Plowdiw fahren, wo ich erst einmal wieder ein paar Tage Pause mache, bevor ich die letzten paar Kilometer meiner ersten Etappe fahre. Heute Zelte ich auf einem Feld, nahe eines schönen Bachs und jetzt gibt es Nudeln mit Thunfisch-Tomatensauce.


Tag 30 - 24.09.2018

- Plowdiw; Bulgarien -

 

What a toughy!!! Heute habe ich wirklich gekämpft. Es ist der letzte Tag meiner Mörderwoche mit 700 Kilometer in 7 Tagen. Und ausgerechnet heute musste ich mich über eine hohe und extrem steile Bergkette kämpfen und 140 Kilometer fahren. Die Beine waren schwer, aber es hat funktioniert. Jetzt bin ich in Plowdiw bei Janis und unfassbar glücklich, dass ich endlich angekommen bin und jetzt ein paar Tage Pause machen kann.


Tag 31 - 25.09.2018

- Plowdiw; Bulgarien -

Es ist super cool hier zu sein. Janis muss morgens in die Uni, kommt aber um halb elf bereits zurück und wir machen Weißwurstfrühstück. Ein Hoch auf die bayrischen Wochen im Lidl, die es bis nach Bulgarien geschafft haben. Am Nachmittag zeigt mir Janis die Innenstadt mit ein paar Cafe´s und Bars und wir haben wunderbares Abendessen in der Innenstadt. Am Abend gehen wir noch auf ein zwei Drinks. Der große Vorteil! Im Vergleich zu Deutschland ist alles spottbillig und wir zahlen höchstens ein Drittel dessen, was uns dieser schöne Tag in der Heimat gekostet hätte.


Tag 32 - 26.09.2018

- Plowdiw; Bulgarien -

Vormittags beende ich die Arbeiten an meinem Video, dass ich noch die ganze Nacht geschnitten habe. Leider lässt sich mit meinem Laptop kaum noch arbeiten. Am Nachmittag gehen Janis und ich ins Schwimmbad. Es macht richtig Spaß, nach so einer langen Phase ohne Schwimmtraining mal wieder ins Wasser zu springen. Danach sind wir hungrig und belohnen unseren Effort mit Burger. Der Burger ist der absolute Hammer!


Tag 33 - 27.09.2018

- Plowdiw; Bulgarien -

Ich glaube mich hat es leider leicht erwischt. Ich bin erkältet und fühle mich schwach. Sicher ein Zusammenspiel aus der Anstrengung der letzten Woche, der vorletzten Nacht, die ich praktisch nicht geschlafen habe und dem Temperatursturz von rund 15 Grad, den wir hier in den letzten beiden Tagen miterlebt haben. (Naja und vielleicht dem Schwimmbad.
Jedenfalls ist außer einem Besuch der Altstadt heute nicht viel drin. Ich bin platt und habe Halsschmerzen. Hoffentlich werde ich nicht richti krank!


Tag 34 - 28.09.2018

- Plowdiw; Bulgarien -

 

 


Leider fühle ich mich noch nicht wieder gesund. Ich muss heute einen sehr entspannten Tag mit Tee auf der Couch einlegen und mich ausruhen. Ich kann es mir nicht leisten richtig krank zu werden.


Tag 35 - 29.09.2018

- Sozopol; Bulgarien - 

 

Ich reinige mein Fahrrad ausgiebig und packe meine Taschen. Anschließend packe ich das saubere Rad und die gepackten Taschen in Janis' VW Bus. Wir fahren an's Meer! Janis kitet leidenschaftlich gern und es ist hammermäßiger Wind angesagt. Ich möchte weiter in die Türkei und deshalb haben wir beschlossen gemeinsam bis nach Burgas zu fahren und dort eine Nacht gemeinsam im Bus zu campen. Als wir in Sozopol (etwas weiter südlich) an unserem Campspot ankommen, ist das Wetter katastrophal. Aber mein Herz macht trotzdem einen Hüpfer, als ich das Meer sehe. Eigentlich bin ich eher aus dem Häuschen! Ich liebe das Meer! 

Der durchgehende Regen und starke Wind, schafft es nicht uns die volle Freude am Campen zu nehmen und wir kochen am Abend richtig auf. Trotz Regen. Es ist richtig schön! 


Tag 36 - 30.09.2018

- Zvezdets; Bulgarien - 

 

Der bislang härteste Tag meiner Reise. 12 Grad und Dauerregen, dazu Wind mit bis zu 50 km/h. Aber am härtesten war es wohl, dass ich nach nun sechs Tagen in bester Gesellschaft, wieder alleine losgezogen bin und mich zwischenzeitlich wirklich einsam gefühlt habe. Mit meiner abklingenden Erkältung habe ich dann heute nicht voll gegen den Wind angekämpft und bin auch nicht so lange gefahren. Schließlich möchte ich jetzt gesund bleiben. In meiner Unterkunft konnte ich zum Glück warm duschen und meine Sachen über Nacht zum trocknen aufhängen. Morgen geht es dann über die türkische Grenze.


Tag 37 - 01.10.2018

- Beypinar; Türkei -

 

Heute hab ich mich wirklich angestellt!
Ich wurde von einem Taxler verarscht, was weit reichende Folgen hatte und habe dabei noch meine einzige Pumpe verloren. Die ganze Geschichte folgt in meinem Tagebuch.
Nach einem sehr verregneten, anstrengenden Tag, voller Wut auf mich selbst, darf ich nun jedoch die volle Dröhnung türkischer Gastfreundlichkeit erfahren. Ich bin bereits auf drei Gläser Chai eingeladen worden und bin nun in einem ganz kleinen Bauerndorf untergebracht. Benjamin, ein Bauer, der zunächst nur wissen wollte, wo ich herkomme, hat mich eingeladen, bei ihm zu wohnen und mit ihm zu Abend zu essen. So zeigt sich mal wieder, dass selbst die miesesten Tage eine gute Wendung nehmen können.


Tag 38 - 02.10.2018

- Beyciler; Türkei -

 

Ein Tag mit vielen weiteren Hürden, an dem ich mich wieder ein wenig zurückgekämpft habe und viele Dinge wieder etwas geraderücken konnte. Ich hab nun wieder alle Teile beisammen, um selbstständig voranzukommen, auch wenn ich eine Panne habe. Das ist ganz wichtig für die Psyche. Das Gefühl aufgeschmissen zu sein, wenn etwas in der Pampa schief läuft, möchte ich so schnell nicht wieder haben. Heute Zelte ich in einem Tal. Morgen sind es noch rund 30 Kilometer bis ans Meer und 110 bis nach Istanbul. Ich freu mich drauf. Prio Numero Uno ist, morgen ans Meer zu kommen. Das wird mir Kraft geben. 


Tag 39 - 03.10.2018

- Istanbul; Türkei -

 

Was heute passiert ist, reicht normalerweise für eine Woche! Ich bin noch vor dem Frühstück los. 30 km bis ans Meer. Dann erstmal schwimmen gegangen und direkt am Strand gefüllte Weinblätter, Brot und Bananen zu Mittag gegessen. Nachdem ich an einem weiteren Strand eine Kaffeepause eingelegt habe, hab' ich mich entschlossen die 50 Kilometer bis nach Istanbul heute noch zu fahren, da auch meine Gastgeberin mich für heute Abend erwartet hat. Da ich sie selbst noch nicht persönlich kannte, wollte ich nicht unhöflich sein und sie noch einen Tag länger warten. Aber da hatte ich irgendwie nicht ganz auf dem Zettel, dass Istanbul eine 20 Mio. Einwohner-Stadt ist und in allen Belangen die mir bislang bekannten Dimensionen überschreitet. 30 Kilometer 5 spuriger Stadverkehr von den Außenbezirken bis zu Innenstadt. Crazy! Ich habe dann beschlossen, den Umweg über den Küstenfahrradweg zu nehmen. Zu diesem Zeitpunkt war es schon eine Stunde dunkel. Kurz vor Schluss hatte ich dann noch einen Platten! Alles in allem ziemlich aufregend und ermüdend! Istanbul ist der absolute Hammer und ich freue mich schon sehr darauf, alles mal bei Tageslicht und nicht vollkommen vor Erschöpfung benebelt zu erkunden!


Tag 40 - 04.10.2018

- Istanbul; Türkei -

 

In Istanbul bin ich bei Nuray untergebracht. Sie ist eine Freundin, einer Schulfreundin von mir. Besser hätte ich es nicht treffen können. Sie wohnt zusammen mit ihrem Sohn direkt am berühmten Taksim Square, mitten in der Stadt. Sie wohnt dort mit ihrem Sohn, außerdem ist ihre Schwester zu Besuch. Ich bringe vormittags mein Fahrrad wieder in Schuss und putze all meine Packtaschen von innen und von außen. Nicht zu unterschätzen, wie viel Zeit das jedes Mal in Anspruch nimmt. Bis wir von zu Hause los können, ist es bereits nach 15:00 Uhr. Nuray zeigt mir einen ihrer Lieblingsplätze und wir schauen uns die berühmte Hagia Sophia an. Wir quatschen viel und gehen durch die Stadt, wo wir zwei Mal eine kurze Bierpause einlegen. Ein wirklich schöner Nachmittag! Aber ich merke die Strapazen der letzten Tage noch deutlich und bin relativ schnell schlapp. Aber so habe ich bereits einen super ersten Eindruck der Stadt bekommen können und weiß auch schon, welche Plätze ich mir morgen noch genauer anschauen möchte. Außerdem möchten wir morgen früh gemeinsam klären, ob, wann und wie ich mit dem Bus sicher nach Georgien komme. Ich wäre ja gerne mit dem Orient-Express gefahren, aber da nehmen sie leider keine Fahrräder mit.


Tag 41 - 05.10.2018

- Istanbul; Türkei -

Istanbul flasht mich total! Heute kümmern wir (Nuray und ich) uns zuerst um mein Busticktet. Es läuft besser als ich es mir ertäumt hätte und ich finde für nur 33€ einen Bus, der mein Fahrrad, mein gesamtes Gepäck und mich von Istanbul bis nach Tiflis bringt. So kann ich tatsächlich meine Beine ausruhen und erst am 17.10. geht es von Tiflis aus, für mich mit dem Rad weiter nach Armenien und anschließend in den Iran. Eine Pause die mir gut tut und die ich vielleicht auch brauche, um die nächste Etappe angehen zu können. Anschließend machen wir eine ausgiebige Tour über die traditionellen Gewürz-, Schmuck und Naschmärkte Istanbuls! Der Flair ist unglaublich. Ich kaufe ein paar Gewürze, feilsche mit den Händlern und probiere unzählige, leckere Süßigkeiten. Eine einheimische Person an meiner Seite zu haben ist dabei auch ein Geschenk, sonst könnte ich niemals alles so gezielt, schnell und wunderbar erleben, wie ich es heute durfte!


Tag 42 - 06.10.2018

- Istanbul; Türkei -

Heute morgen mache ich mich alleine auf den Weg. Ich erkunde ein wenig die Gegend und trinke einen Kaffee. Danach gehe ich in das Nachbarviertel, nach Besiktas. Denn dort wohnt Çatagay, der Sohn von Bünyamin, dem Farmer, der mich kürzlich bei sich aufgenommen hat. Sein Vater hat mir damals seine Nummer gegeben und wir haben Kontakt aufgenommen. Besiktas ist auch ein wirklich cooles Viertel! Dort gibt es den größten Park der Stadt und natürlich die Vodaphone Arena, das Heimstadion von Besiktas Istanbul. Catagay lädt mich zu sich in die WG ein. Er ist 30 Jahre alt und macht gerade seinen Master in Landschaftsbau. Wir machen einen kleinen Brunch bei ihm und haben viel zu quatschen. Er hat vor einem Jahr auch eine sechsmonatige Fahrradtour durch den Balkan gemacht. Es ist wirklich nett und ich bin froh, dass wir Kontakt aufgenommen haben und ich durch so viele Zufälle und ein wenig Offenheit so viele Menschen kennenlerne, die meine Reise bereichern. Leider habe ich vergessen ein Foto mit ihm zu machen. Am Abend gehe ich mit meiner Gastbeberin Nuray, einem Freund von ihr und ihrem Cousin richtig traditionelles Kebab, in dem Restaurant eines Freundes essen. Dazu trinken wir Raki. Anschließend gehen wir noch in eine Kneipe, in der Nähe ihrer Wohnung und versacken bis zwei Uhr Nachts. Wieder ein richtig cooler Tag und ich lerne diese Stadt wirklich lieben.


Tag 43 - 07.10.2018

- Istanbul; Türkei -

Meine Glückssträhne in dieser Stadt geht weiter. Letzte Nacht hat Nurays Cousin, Goksenin hier in der Wohnung übernachtet, weil er feiern war und selbst etwas weiter außerhalb lebt. Beim gemeinsamen frühstück hat er mich dann gefragt ob ich ihn nicht begleiten möchte. Er hat zwei türkische Freunde aus die aus Deutschland kommen zu besuch, mit denen er heute eine Bosphorus Rundfahrt mit dem Boot und ein wenig Sightseeing machen möchte. Ich hatte für heute den selben Plan und bin froh, dass ich die Tour nicht alleine unternehmen muss. Es stellt sich heraus, dass dies mal wieder eine extrem glückliche Fügung war. Die vier Jungs (noch ein weiterer Kollege aus Kuwait ist zu uns gestoßen) mit denen ich unterwegs bin, sind alle super nett. Wir verstehen uns top, haben viel zu quatschen und Goksenin erweist sich als äußerst guter und spendabler Fremdenführer. Wir fahren auf die asiatische Seit, blicken vom höchsten Berg, über die gesamte Stadt, machen eine Bootstour auf dem Bosphorus, gehen richtig lecker gemeinsam Abendessen und danach schauen wir uns noch in einer Shishabar das Besiktas Spiel an. Der Tag geht wie im Flug vorbei. Ich habe wahnsinnig viel gesehen und vier neue Freunde gefunden! Ich kann es gar nicht fassen, dass meine Zeit hier in Istanbul morgen schon endet. Die Zeit vergeht wie im Flug!!!


Tag 44 - 08.10.2018

- Istanbul; Türkei -

Vormittags mache ich mich nochmal auf in die Innenstadt. Davon kann ich gar nicht genug bekommen, aber ich will aich noch ein paar Besorgungen machen und mittag essen. Am frühen Nachmittag muss ich mich schon wieder auf in die Wohnung machen, denn ich muss noch all meine Taschen packen. Um halb fünf schaffe ich alles in Nurays Wagen. Sie möchte nicht, dass ich auch noch einen Meter mit dem Fahrrad durch Istanbul fahren muss und fährt mich deshalb freundlicherweise mit dem Auto. Auf dem Weg ruft sie vorsichtshalber nochmal bei dem Busunternehmen an. Sie war skeptisch, ob alles wirklich nach Plan läuft und ihre Vorahnung sollte sich als gerechtfertigt erweisen. Der Bus ist gecancelt. Fährt einfach nicht. Warum kann uns vorerst keiner Sagen. Ich habe meine Nummer hinterlassen, aber informiert worden bin ich im Vorfeld leider nicht. Dann bleibe ich eben noch eine Nacht in Istanbul. Macht mir ehrlich gesagt überhaupt nichts und meine Gastgebering sagt, dass sie auch ganz glücklich ist. Blöd nur, dass ich nun noch einmal zum Büro der Busgesellschaft muss, um mir ein anderes Ticket zu besorgen. Der Mann hinter dem Schalter, tut alles dafür, dass ich ein neues Ticket kaufen soll, doch ich kenne diese Spielchen bereits und weiß, dass am Ende der gewinnt, der den längeren Atem hat. So bekomme ich nach einer dreiviertel Stunde ein neues Ticket für einen Bus morgen um zwölf. Am Abend gehen wir noch zu viert (Nuray, ihre Schwester Feray und ein Freund dessen Namen ich immer wieder vergesse) in ihre Lieblingsbar, um auf die letzte Woche anzustoßen.


Tag 45 - 09.10.2018

- Im Bus; Türkei -
Der Abschied fällt schwer. Den zurückgebliebenen, wohl noch schwerer als mir. Wir sind in den letzten fünf Tagen Freunde geworden. Nuray bringt mich um elf zum Busbahnhof und diesmal fährt der Bus. Nur die Sache mit meinem Fahrrad macht natürlich Schwierigkeiten. Auch wenn mir im Büro versichert wurde, dass es kein Problem sei, bei vorheriger Anmeldung ein Fahrrad mitzunehmen, ist immernoch der Busfahrer der Chef und das nutzt er auch aus. Er hat in der Hand, ob ich mitgenommen werde oder nicht und so verlangt er von mir für das viele Gepäck und das Fahrrad noch einmal 150TL Bar auf die Kralle. Das sind etwas mehr als 20€. Ich hatte bereits gelesen, dass so etwas passieren kann und bin deshalb nicht besonders überrascht, dass ich nochmal etwas zahlen muss. Zum Abschied verdrückt Nuray eine Träne, dann steige ich ein. Die nächsten 28h werde ich im Bus auf dem Weg nach Tiflis in Georgien sein. Die genauen Gründe, warum ich mich für den Bus entschieden habe, gibt es bald im Tagebuch und bei meiner Türkei-Zusammenfassung zu sehen und zu lesen.


Tag 46 - 10.10.2018

- Tiflis; Georgien -


So schnell möchte ich keine Strecke mehr mit dem Bus zurücklegen. In diesem Fall, war es der günstige Ersatz für die Schwarzmeerfähre, auf den ich wegen Zeitdrucks zurückgegriffen hatte. Doch es ist unbequem, nicht spannend, stressig und unzufriedenstellend. Dennoch bin ich glücklich, als ich in Tiflis ankomme. Ich treffe hier meine beiden Tanten Monika und Margret, die hier eine Woche Urlaub machen und mir unter anderem auch ein kleines Care-Paket mitbringen. Mit ihnen werde ich die nächsten fünf Tage verbringen, ehe ich mit der zweiten Etappe durch Georgien, Armenien und den Iran starte.

Wir sind gemeinsam in einem Hostel in der Stadt untergebracht. Am Abend gehen wir georgisch Abendessen und es ist sehr lecker, wenn auch mal wieder sehr fleischlastig.


Tag 47 - 11.10.2018

- Tiflis; Georgien -

Heute läuft bei mir alles nicht so richtig zusammen. Erst werde ich einmal quer durch die Stadt geschickt, um die iranische Botschaft zu finden, weil im Internet drei verschiedene Adressen stehen und ich natürlich die richtige zuletzt ansteuere, um dann festzustellen, dass sie genau donnerstags geschlossen hat. Ich bin mit dem Fahrrad unterwegs. Tiflis ist leider keine besonders radfreundliche Stadt. Morgen werde ich lieber ein Taxi nehmen, die sind hier richtig schön günstig. Anschließend schneide ich mein neues Video-Tagebuch. Schneiden auf dem neuen Laptop ist der Hammer!! Da kann ich zumindest im Moment gut drüber hinwegsehen, dass er mein Reisebudget absolut gesprengt hat. :D Leider wird das fertige Video anschließend von Youtube aus Copyright-Gründen gesperrt. Ihr könnt es euch jedoch auf Facebook anschauen. Nachdem ich mit meinen Tanten Abendessen war, geht es mir schon deutlich besser und am Abend geht's noch in eine Bar, in der Nähe unseres Hostels.


Tag 48 - 12.10.2018

- Tiflis; Georgien -

 

Heute geht es für mich gleich in der früh zur iranischen Botschaft. Ich möchte das mit dem Visum unbedingt so schnell wie möglich geklärt haben und lasse deshalb sogar einen Reitausflug sausen, den wir für heute geplant haben. Der Visabeschaffungsprozess läuft ziemlich reibungslos. Dennoch ist es ein ziemlicher Stress und man steht unter Zeitdruck. In meinem Tagebuch (Etappe 2) gehe ich noch etwas genauer auf den Visa-Prozess ein und habe auch ein, zwei Tipps. Letzten Endes klappt alles noch, bevor die Botschaft wieder schließt und ich kann meinen gestempelten Pass am Montag abholen. Anschließend gehe ich noch eine Runde laufen. Tiflis ist weder eine radler-, noch eine läuferfreundliche Stadt. Es gibt kaum Gehwege, es ist unübersichtlich und der Verkehr ist die Hölle. Aber wenigstens ist es überall schön steil!


Tag 49 - 13.10.2018

- Kazbegi; Georgien -
Für zwei Nächte bin ich mit meinen Tanten raus aus der Stadt. Wir sind nach Kazbegi, in die kaukasischen Berge gefahren. Die Landschaft hier ist einfach der absolute Oberwahnsinn. Ich habe direkt nach unserer Ankunft die Chance genutzt und bin den nächsten Berg raufgekraxelt. Wanderwege gibt es nicht, dementsprechend war es eine harte Challenge dort mit meinen Laufschuhen hochzuklettern. Aber es hat sich gelohnt, denn ich war komplett alleine und dank des Care-Pakets, das ich von zu Hause bekommen habe, konnte ich auf dem Berg das wohl leckerste Bier trinken, das ich auf meiner Reise bislang getrunken habe! Mit diesem View, diesem Wetter und dem Hopfenpflückpils aus Pyras, bin ich aus dem lächeln den ganzen restlichen Tag gar nicht mehr rausgekommen! Morgen werde ich den nächsten Berg angreifen. Mount Kazbegi ist über 5.000 Meter hoch... Den werde ich aber wohl nicht ganz packen, mit meiner Ausrüstung, die ich hier dabei habe. :)


Tag 50 - 14.10.2018

- Kazbegi; Georgien -


Die Berge hier direkt vor der Hautür hauen mich komplett vom Hocker. Direkt nach dem Frühstück gehe ich für fünf Stunden auf den Berg. Dadurch, dass ich in der Nacht zuvor den Iron Man Hawaii geschaut habe, bin ich ganz angefixt, eher rennen als wandern zu gehen. Die Leute schauen ziemlich komisch an, als sie mich mit Laufschuhen und meinem Laufrucksack erst den Berg hoch- und dann wieder runterrennen sehen. Für die erste Route, die mit 4 Stunden vom Hotel angegeben ist brauche ich 45 Minuten. Ich genieße die Bergluft und das Wandern extrem! Mir geht's hier richtig gut!!! :) Zurück in der Unterkunft falle ich vor Erschöpfung um. Ich verfolge noch die vorläufigen Wahlergebnisse dar bayerischen Landtagswahl. Vom Tatort schaffe ich genau die ersten fünf Minuten.


Yes! Ich habe mein Iran Visum!
Yes! Ich habe mein Iran Visum!

Tag 51 - 15.10.2018

- Tiflis; Georgien -

Ganz früh morgens fahren wir von Kazbegi zurück nach Tiflis, damit ich rechtzeitig an der iranischen Botschaft sein kann, um mein Visum abzuholen. Leider lasse ich meine geliebt Cap im Taxi liegen. Mit dem Visum läuft glücklichwerweise alles problemlos und ich halte endlich meinen Reisapass mit dem richtigen Stempel darin, in der Hand. Eine ausführlichere Schilderung, wie ich das mit dem Visum gelöst habe, findest du hier.
Anschließend fahren wir zurück in unser Hostel 'Fabrika'. Als ich an der Website arbeite und versuche ein wenig mehr Struktur reinzubringen, lösche ich bei einem mir unerklärlichen Vorgang, fast alle meine Tagebucheinträge von Etappe 1. Richtig mies! Viele Stunden Arbeit sind nun leider für'n...


Tag 52 - 16.10.2018

- Tiflis; Georgien -

Meine Tanten verabschieden sich mitten in der Nacht von mir. Sie fliegen zurück nach Deutschland. Ich bin richtig froh, dass es für mich morgen endlich weitergeht. Ich vermisse meinen Sattel, wenngleich ich noch von den beiden Bergtagen einen Muskelkater hab, der mich daran hindert anständig zu gehen. Ich bereite mich fast den ganzen Tag auf meine kommende Reise vor. Ich plane die Route, informiere mich über alles, was ich wissen muss und unterhalte mich lange mit Christel. Sie ist dieselbe Route wie ich, vor einem halben Jahr mit einem Freund gefahren und ich bin durch Instagram auf sie gestoßen. Sie kann mir einige sehr hilfreiche Tips geben und wir haben vieles über das Radreisen an sich zu bequatschen. Außerdem treffe ich mich mit Ketevan. Sie kommt ursprünglich aus Tiflis, lebt mittlerweile aber in Wien und war in der neunten Klasse, für ein halbes Jahr zum Austausch bei mir in der Klasse. Sie ist auf Besuch in der Heimat und ich bin mega glücklich, dass ich sie nach über zehn Jahren genau hier wieder treffe! Achja... Außerdem schneide ich ein Video zusammen, in dem ich die erste Etappe ein wenig Revue passieren lasse.


Tag 53 - 17.10.2018

- Chochkan; Armenien -


Endlich wieder unterwegs! Auch wenn die Pause mir wirklich gute getan hat!!!
Aus Tiflis raus, muss ich direkt den härtesten und steilsten Berg meines bisherigen Reise fahren. Für 5km brauche ich fast eine Stunde. Danach ist alles relativ easy. Ich überquere die Grenze zu Armenien. Mittlerweile werden die Tage immer kürzer. Gerade im bergigen Armenien, geht die Sonne schon um 18:00 Uhr unter. In einem Dorf werde ich von einer Gruppe Kinder belagert. Sie sind wirklich lieb und merklich begeistert. Sie zerren mich, weil wir uns nur per Zeichensprache verständigen können, auf einen Schulhof/Sportplatz. Dort kann ich mein Zelt aufstellen. Irgendwann müssen die Kinder zum Abendessen und ich kann in Ruhe schlafen gehen.


Tag 54 - 18.10.2018

- Wanadsor; Armenien -
Als die Schulglocke ertönt muss ich los. Frühstücken oder einen Kaffee machen ist nicht drin, weil es nun zu viele Kinder auf einmal sind, die mein Zelt und mein gesamtes Equipment bestaunen. Mit bestaunen meine ich: reinlegen, draufsetzen, hupen, anfassen und so weiter. Ich verliere ein wenig den Überblick und bin froh, als der Lehrer wütend rüberbrüllt und die Kinder in den Klassenraum gehen. Danach geht es für mich durch die bergige Landschaft Armeniens. Zum Landesinneren hin, wird es zunehmend schöner. Astreine Asphaltstrecken, wechseln sich mit steinernen Buckeplisten ab. Eine Gesetzmäßigkeit ist dabei nicht zu erkennen. Meinen Zeltplatz muss ich mir heute richtig erkämpfen. In den Bergen hier, gibt es wenige gute Möglichkeiten sein Zelt aufzustellen, deshalb muss ich mein Rad einen super steilen unbefahrbaren Berg hochhieven, um auf eine halbwegs Ebene Grünfläche zu kommen, die ich zuvor zu Fuß erkundet habe. Direkt hinter einem Friedhof.
Gruselitsch!
Am Abend bin ich sehr zufrieden, dass mein Riecher richtig war. Es gibt Reis mit etwas Gemüse und Sojasauce.


 

 

 

Tag 55 - 19.10.2018
- Sewan; Armenien -

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich muss am Morgen ziemlich lange warten, bis sich der Nebel verzogen hat und mein Zelt trocknet. Aber das macht nichts, denn heute ist mein Ziel der Sewan-See und der ist nur noch 65km entfernt. Zum Frühstück schaut eine Kuhherde bei mir vorbei und leistet mir Gesellschaft.
Nachdem ich anfangs etwas geklettert bin, geht es anschließend fast zehn Kilometer bergab. Die Straßen sind mäßig, aber es macht mir übertrieben Spaß, bergab zu heizen. Anschließend soll es nochmal knapp 20 Kilometer stetig bergauf gehen. Doch schon nach wenigen hundert Metern, werde ich von einem Auto ausgebremst. Ein Mann steigt aus, der sich freundlich mit Grygor vorstellt. Nachdem ich ihm sagte, dass ich kein russisch, sondern nur englisch spreche, erklärt er mir in sehr gebrochenem Englisch, dass er nicht zulassen könne, dass ich mir als Gast in seinem Land einen solchen Berg antue. Ich möge doch jetzt bitte mein Fahrrad in seinen Kofferraum laden und er fahre mich bis nach Sewan! Ja, was soll man dazu noch sagen. :)
Grygor ist seeehr gläubig. Er erklärt mir einiges über Armenien und hauptsächlich seinen kirchlichen Hintergrund. Da Armenien als Ursprungsland des Christentums gilt. Nach dieser informativen Fahrt, habe ich am Sewan See noch zwei Stunden Zeit, mir einen Campspot zu suchen, die ich sonst wohl nicht gehabt hätte. Ich zelte direkt am See. Vielleicht bleibe ich hier sogar einen Tag!


Tag 56 - 20.10.2018

- Yerewan; Armenien -

Die Nacht ist furchtbar, denn für meinen Geschmack ist es zu kalt. 2 Grad hat es in der Nacht und ich wache ständig auf, weil entweder eines meiner Körperteile droht abzufrieren oder ich so unbequem in meinen Schlafsack eingemummelt da liege, dass meine Arme einschlafen. Als ich gegen 6:30 Uhr endlich auf den Sonnenaufgang hoffe und nach draußen schaue, stelle ich fest, dass die Wiese und meine Schuhe sogar mit Frost überzogen sind. Der Sonnenaufgang über dem See entschädigt mich dann aber für alles! Als ich mir einen Kaffee machen möchte, muss ich leider feststellen, dass mein Kocher, der zuletzte ein wenig geschwächelt hat nun gar nicht mehr angehen mag. Aller Wartungs- und Reinigungsmaßnahmen zum Trotz. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich nur noch recht wenig Brennstoff in meiner Flasche habe. Woran es auch liegt, ich brauche Hilfe von jemandem, der sich auskennt, wenn ich ihn nochmal in Schwung bringen möchte. Beim Googlen nach dem nächsten Outdoor-Geschäft, stelle ich fest, dass es in ganz Armenien, wenn überhaupt in der Hauptstadt Yerewan solche Läden gibt. Als ich näher recherchiere, stoße ich auf etwas sehr interessantes. Morgen findet in Yerewan auch der erste Yerewan-Marathon statt. Es gibt auch Halbmarathon und 10km. Ich bin total angefixt, weil ich so direkt zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen kann. Yerewan ist nicht weit weg und so packe ich meine Sachen und mache mich auf den Weg. Von irgendeiner euphorischen Kraft angetrieben stelle ich einen neuen persönlichen Geschwindigkeitsrekord auf (Durchschnitt 26,9 km/h) und bin nach 2:30h bereits in der armenischen Hauptstadt. In dem Hostel, in dem ich über Nacht bleiben möchte, treffe ich Alex aus Russland. Er läuft morgen auch den Marathon. Als er seine Startunterlagen abholen geht, gehe ich mit und versuche mein Glück mit der Nachmeldung. Ich entscheide mich spontan dafür es mit der Marathon-Distanz zu probieren. Ohne gezieltes Training und mit den Radkilometern der letzten Woche, wahrscheinlich ein ziemlich tollkühnes Unterfangen. Aber was soll's! Wenn es klappt, kann ich sagen, dass ich den ersten Yerewaner Marathon gefinisht habe! Ich freu mich drauf!!!


Tag 57 - 21.10.2018

- Yerewan; Armenien -

Raceday

Unglaublich! Vor 24 Stunden, wusste ich noch nicht einmal, dass dieses Rennen überhaupt existiert und jetzt bin ich für den MARATHON angemeldet. Meine Beine fühlen sich OK an. In den letzten Tagen bin ich zwar nicht so weite Strecken, dafür aber viel Berge gefahren. Ganz losgeworden bin ich das über Nacht nicht. Aber immerhin habe ich gut geschlafen. Beim Frühstück versuche ich mir nochmal so viele Kohlenhydrate wie möglich reinzuhauen und esse drei Schoko-Croissants und eine Banane. Ich habe trockene Lippen und egal wie viel Wasser ich trinke, ich fühle mich dehydriert. Start ist um 8:00  Uhr und die Temperatur ist perfekt zum Laufen.  Startschuss! Die ersten zehn Kilometer fühle ich mich nicht, als würde ich das Rennen packen. Meine Beine sind schwer, der Magen grummelt, ich habe Durst und der Puls ist hoch. Ich habe wirklich Mühe ein Tempo zu halten, dass mir sonst keine große Mühe bereitet. Aber auch der Rest des Feldes hat zu kämpfen, schließlich befinden wir uns immerhin 1.000 Meter über dem Meeresspiegel, was auch den hohen Puls erklärt. Nach zehn Kilometern finde ich so langsam meinen Rhytmus und meine Beine lockern sich etwas. Es geht nie flach geradeaus, sondern entweder bergauf oder bergab. Ab der Halbmarathonmarke, bin ich mir das erste mal sicher, dass ich das Rennen bis ins Ziel laufen kann und gewinne an Selbstvertrauen. Während die Jungs vor mir anfangen zu schwächeln, kann ich mein Tempo ziemlich konstant halten und fange an, einen nach dem anderen zu überholen, was wiederum ziemlich gut für meinen Kopf ist. Als Verpflegung habe ich von meinem "Roomie" Laura zwei Gels bekommen. Ansonsten trinke ich an den Verpflegungsstationen Powerade. Nachdem ich den hügeligen Rundkurs, leicht außerhalt des Stadtzentrums dreimal absolviert habe, geht es och 4 Kilometer zurück ins Stadtzentrum. Zum Abschluss gibt es nochmal drei steile Berge zu überwinden. Wirklich der Tod, doch ich schaffe es zu beißen, weil der Kopf stimmt und überhole am Berg sogar noch zwei Kontrahenten. Als ich ins Ziel komme, stehen 03:23:42h auf der Uhr. Diese Zeit bedeutet für mich Platz 3 in der Altersklasse m25-29 und Platz 11 insgesamt. Ein Ergebnis, mit dem ich mehr als zufrieden bin. Die Strecke hatte 450 Höhenmeter und das Rennen fand wie gesagt auf 1.000m über dem Meeresspiegel statt, was mich auch mit der Zielzeit äußerst zufrieden sein lässt. Auf den ersten Platz, der mit 300.000 Dram (umgerechnet rund 600€) datiert ist, fehlen mir 19 Minuten. Diese langsame Siegerzeit, zeigt vielleicht auch, wie schwierig der Kurs war. Heute wäre das für mich natürlich niemals drin gewesen, aber ich frage mich, wie das Rennen ausgesehen hätte, wenn ich in irgendeiner Form darauf vorbereitet gewesen wäre. Ich bin auf jeden Fall unfassbar froh, dass ich durch Zufall, ein Teil dieses Rennens sein durfte und hatte unglaublich viel Spaß da draußen! Jetzt lege ich die Füße hoch und mache mal zwei Tage gar nichts!


Tage 58 & 59 - 22.23.10.2018

- Yerewan; Armenien -

 

Der Montag nach dem Marathon ist verregnet und das passt mir sehr gut. Ich kann mich nämlich ohnehin nicht besonders gut bewegen. Ich verlasse das Hostel nur einmal, um mir etwas zu essen zu besorgen.

Am Dienstag kann ich schon wieder deutlich besser gehen und auch das Wetter ist ein wenig besser. Ich mache mich also auf, um die ganzen Besorgungen zu machen, die ich machen wollte. In einem Lackiergeschäft finde ich Waschbenzin, das sehr rein ist und sich daher super für meinen Kocher eignet, den ich am Morgen glücklicherweise wieder eigenhändig in Schuss gebracht hatte. Es ist gut, dass ich mich nochmal ausführlich mit dem Ding auseinandergesetzt habe. Jetzt verstehe ich das Ding endlich voll und ganz! Der Tag ist im Ganzen recht erfolgreich, ich genieße es aber auch mich auszuruhen und am Abend einfach mal etwas zu glotzen.


Tag 60 - 24.10.2018

- Yerewan; Armenien -

 

Es regnet immernoch und ich entscheide mich sofort nach dem Aufstehen, dass die Zeit des Weiterfahrens noch nicht gekommen ist. Die Wadeln zwicken noch und aus Yerewan geht es zwangsläufig bergauf. Das kombiniert mit dem Schietwetter macht mir einfach gar keine Lust auf Radln. Beim Frühstück lerne ich Catha und Benni kennen. Sie kommen aus Berlin und sind mit dem Rucksack unterwegs. Ihr Weg führte durch Russland und Gerogien nach Armenien. Sie haben schon viel Reiseerfahrung und wir haben sofort tonnenweise Zeug zu bequatschen. Wir verstehen uns gut und ich finde die beiden echt Klasse. Wir verabreden uns, am Nachmittag noch ein wenig zusammen durch die Stadt zu gehen.
Wir treffen uns um halb vier und schlendern durch die Stadt. Ohne großes Ziel, einfach mal ein wenig schauen. Wir quatschen über Outdoor-Erfahrungen und Tierbegegnungen und die Zeit vergeht wie im Flug. Am Abend gehen wir armenisch Essen, es ist günstig und suuuper lecker. Es geht weiter über Berufe und Politik. Die beiden haben am Vortag eine Bar entdeckt und wir beschließen dorthin weiter zu ziehen. Die Bar ist lässig, der Barkeeper liebt uns und es gibt sogar Live-Musik. Katha und Benni erzählen mir, dass sie am Wochenende auf den Mount Aragaz gehen wollen. Einen 4.090 Meter hohen Schichtvulkan und fragen mich, ob ich sie nicht mit Rucksack und Zelt begleiten möchte. Ich will unbedingt und freu mich wia d'sau. Wir stoßen noch einige Male darauf an! Der Heimweg sollte nur noch eine recht verblasste Erinnerung bleiben. Mein Glück ist unbeschreiblich! Übermorgen geht's zu dritt auf den Berg!


Tag 61 - 24.10.2018

- Yerewan; Armenien -

 

Zum Glück regnet es draußen! Wir sind alle drei etwas verkatert und da trifft es sich gut, dass es drin so gemütlich ist. Wir gehen Proviant für unsere Expedition einkaufen, kochen und packen unsere Sachen. Ein wahrer Lazy Day! Die Ruhe vor dem Sturm?! Der Aragaz ist der höchste Berg Armeniens. Dort oben hat es Minusgrade und es liegt Schnee. Auch das Wetter soll durchwachsen werden. Ich bin so gespannt.
Morgen früh geht es los. Ich freue mich richtig drauf!!!
Mein Rad und meine Taschen kann ich im Hostel lassen. Zum Glück habe ich keinen Zeitdruck und kann so spontan sein.
Die nächsten Tage habe ich kein Internet. Es wird also ein paar Tage keine Updates geben.


Tag 62 - 25.10.2018

- Mount Aragaz; Armenien -

Unsere Sachen sind gepackt. Meine Packtaschen kann ich zum Glück im Hostel deponieren und mein Radl wird auch von einer Kamera bewacht. Nach dem Frühstück machen wir uns auf den Weg. Es regnet! Wir gehen in einem kleinen Geschäft noch Trockenfrüchte kaufen. Die ganzen kleinen Läden hier sind sehr liebevoll eingerichtet! Danach nehmen wir einen kleinen Linienbus nach Bjurakan, dem Ort, der dem Aragaz am nächsten ist. Die Fahrt dauert ca. eine Stunde und kostet umgerechnet ca. 1€ pro Person. Uns werden diverese Taxifahrten auf den Berg angeboten, doch wir sind ja schließlich zum Wandern da und lehnen deshalb trotz Regens ab. Als erstes Steuern wir die 10 Kilometer entfernte Ruine der Festung Amberd an. Eine Festung die früher sicher einmal sehr schwer einzunehmen war. Heute steht eigentlich nur noch eine Grundmauer. Jodoch ist natürlich die Kapelle dort bestens erhalten. Schließlich sind wir in Armenien, hier dreht sich alles um die vielen Kapellen, die den gesamten Stolz des Landes repräsentieren. Bei der Ruine machen wir Pause und stärken uns. Zum Glück haben wir die Chance uns in einer "Hütte" von Bergführern, die dort ihre Basis aufgeschlagen haben wärmen und trocknen. Für sie ist die Saison schon vorbei und sie machen sich sichtlich Sorgen um uns, ob unseres tollkühnen Vorhabens, zu dieser Jahreszeit noch auf den Vulkan steigen zu wollen. Wir beratschlagen uns noch mit ihnen über die Route, die wir am besten nehmen sollten, trinken einen Vodka mit ihnen (ohne hätten sie uns keinesfalls gehen lassen) und steigen dann weiter auf. Der Regen macht gnädigerweise gerade Pause. Es ist bereits später Nachmittag, dementsprechen suchen wir uns im dichten Nebel einen guten Platz um unser Zelt aufzuschlagen. Zum Glück haben Benni und Catha ein Drei-Mann-Zelt dabei! Auf einer Ebene zwischen merkwürdigen Steinformationen, die wohl die Überbleibsel eines mittelalterlichen Bergdorfs sein müssen, finden wir den perfekten Spot. Alles wird in meinem nächsten Video zu sehen sein. Im Zelt spielen wir Kniffel und essen die Nudeln von gestern Abend, die wir als Proviant mitgenommen haben. Draußen toben Sturm und Regen. Als wir nichts mehr hören und nach draußen schauen sind wir komplett eingeschneit. Zum Glück sind wir zu dritt und müssen nicht frieren.


Tag 63 - 27.10.2018
- Mt. Aragaz; Armenien -
Die Nacht ist schon ziemlich kalt aber da wir ja glücklicherweise zu dritt im Zelt liegen, ist nur die Luft die wir einatmen wirklich kalt. Als ich morgens als erster aus dem Zelt schaue, schmier ich komplett ab. Aufgrund der Wolken konnten wir am Vorabend gar nicht richtig sehen, wo wir uns genau befinden. Jetzt ist die Luft komplett klar und die Sicht ist optimal. Ich erblicke den Inbegriff einer Winterwunderwelt. Die Aussicht auf den heiligen Berg Ararat, in der Türkei auf den ich in meinem Armenien Artikel noch genauer eingehen werde, gepaart mit dem Schnee und den mystischen Steinformationen bieten einen Anblick, dessen umwerfende Schönheit uns laut jubeln lässt. Wir bereiten Porridge und Kaffee zum Frühstück, das wir in der Sonne genießen und quatschen über Gott und die Welt. Definitiv bislang eines der absoluten Highlights meiner Reise. Das zweit innerhalb einer Woche und das, obwohl ich eigentlich nicht mal nach Armenien reisen wollte. Wir packen zusammen, heute bin ich dran den schweren Rucksack von Benni zu tragen. Mit dem Ding auf dem Rücken, sieht man aus, als würde man einen Hinkelstein tragen und auf der Höhe und durch den Schnee, fühlt es sich auch ein wenig so an. Wundere mich, wie Benni das Tag ein Tag aus macht! Wir sind auf ca. 2300 Meter Höhe und müssen auf 3200 um den See zu erreichen, von dem aus wir an Tag 3 einen der vier Gipfel ansteuern können. Die Entfernung beträgt ungefähr 12 Kilometer. Hört sich erstmal nicht so wild an, aber das was in den nächsten Stunden kommt, lässt sich guten Gewissens als Kampf bezeichnen. Wir stecken teilweise knietief im Schnee und werden regelmäßig von eiskalten Wolken verschlungen, die einem vollständig die Sicht rauben. Ich habe mir das Paar Treckingschuhe geliehen, das Benni mit dabei hat. Sie sind zwar mit GoreTex, aber flach und nicht gefüttert, dennoch tausendmal besser geeignet als meine Laufschuhe. Nach kurzer Zeit spüre ich meine Füße nicht mehr und bis wir oben angekommen sind trage ich zwei Eisklötze an meinen Beinen. Neben dem See, den wir ansteuern ist eine Art Observatorium/Physikstation, von der aus kosmische Strahlungen gemessen werden. Ein Relikt aus der Sowjetunion. Es sieht nun komplett verlassen aus und als wir uns dem Haus nähern, spielen wir schon mit dem Gedanken, die Tür oder ein Fenster gewaltsam zu öffnen, damit wir im Haus schlafen können. Als wir um das Gebäude herum und zum Eingang gehen, erblicken wir einen postgelben Bus und zwei Männer. Es handelt sich um Marc und Tim aus der Schweiz. Sie sind Anfang zwanzig, machen für drei Monate eine Rundreise mit ihrem Bus und sind zum Skitouren hier hochgekommen. Der Schnee in der Nacht hat sie überrascht und sie wurden komplett eingeschneit und stecken nun mit ihrem Bus fest. Wir werden mit Tee aus der Thermoskanne verköstigt und sie erzählen uns, dass die Physikstation noch in Betrieb ist und sich darin drei Personen aufhalten.


Tag 64 - 28.10.2018
- Sewan; Armenien -
Ganz bis auf den Gipfel zu gehen ist leider keine Option. Alle Wege sind unpassierbar verschneit. Dafür helfen wir nach dem morgendlichen Kaffe, in einer groß angelegten Rettungsaktion Tim und Marc, ihren Transit aus der Schneefalle zu befreien. Sie revanchieren sich bei uns, indem sie uns auf Pasta aus ihrer Busküche einladen. Die beiden haben den Bus eigenhändig umgebaut und er ist extrem gut ausgestattet. Die Sonne scheint und es ist herrlich gemeinsam dort oben auf dem Berg im Schnee zu sitzen und zu essen. Zwischenzeitlich stößt noch Jan aus Polen zu uns. Er ist Fotograf und lebt gerade aber eher ein Aussteigerleben mit Zelt und Rucksack. Er wirkt jedoch nicht besonders glücklich über die Situation, sondern eher etwas lethargisch. Später am Tag machen wir uns noch häufiger darüber lustig, mit welcher Melodramatik er all seine Sätze ausspricht. Benni, Catha und ich wollen heute die freigeräumte Straße nach unten nehmen. Genug Schneeabenteuer! Die Jungs kommen etwas später mit dem Bus nach und wollen uns aufsammeln. Wir haben nämlich beschlossen noch gemeinsam an den Sewansee zu fahren. Außer mir war noch keiner dort und für uns alle passt die Richtung ganz gut. Auf dem Weg nach unten beobachten wir zahlreiche, armenische Schneetouristen, die einen Sonntagsausflug auf den Berg machen. Natürlich alle mit dem Auto. Von Winterreifen haben anscheinend jedoch die wenigsten etwas gehört, denn wir beobachten wir einer nach dem anderen von der Straße abkommt und im Schnee stecken bleibt. Das trägt enorm zu unserer Belustigung bei, auch wenn Schadenfreude natürlich eigentlich nichts schönes ist. ;)
Nicht stecken geblieben ist Hayk und seine Familie, die am Wegrand im Schnee ein Picknick machen und uns auf Chai einladen. Wenig später holen die Jungs uns ein. Wir fahren gemeinsam nach Yerewan, wo wir unsere Sachen aus dem Hostel abholen. Anschließend geht es weiter nach Sewan. Da es schon dunkel ist, fahren wir an den gleichen Spot, an dem ich bereits vor knapp einer Woche gecampt habe. Ein merkwürdiges Gefühl, da ich dachte, dass ich diesen Ort nie wieder sehen würde. Wir machen ein Lagerfeuer und zum Abendessen gibt es Chili sin Carne und Bier.


Tag 65 - 29.10.2018
- Sewan; Armenien -

Heute machen wir einen Lazy-Day am See. Alle beschließen noch einen Tag zu bleiben, um gemeinsam etwas auszuspannen. Doch wir ziehen zu einem Strand auf der anderen Seite der Halbinsel um. Dort ist es sogar noch schöner. Benni, Tim und ich gehen Baden. Benni und Catha haben mittags beim Auskundschaften von Armeniern, frisch gefangene Fische geschenkt bekommen und so gibt es am Abend Fisch und Gemüse vom selbst aufgebauten Holzkohle-Grill. Es ist ein Gedicht und wir sind alle glücklich. Morgen werden wir uns leider voneinader verabschieden.


Tag 66 - 30.10.2018
- Shatin; Armenien -

Nach einem gemeinsamen Frühstück mit Pfannkuchen am See, heißt es Abschied nehmen. Die beiden Jungs aus der Schweiz, die wir auf dem Aragaz kennengelernt haben, müssen nochmal zurück nach Tiflis. Benni und Catha müssen sich um ihr Iran-Visum kümmern und wollen deshalb nochmal zurück nach Yerevan. Für mich beginnt damit die absolute Panorama-Etappe. Die Landschaft sieht durchgehend aus, als hätte Bob Ross persönlich sie gezeichnet. Zuerst geht es fast 70!! Kilometer am See entlang. Der Sewansee ist zweimal so groß wie der Bodensee. Anschließend muss ich über einen Pass. Leider geht in dem Moment in dem ich oben ankomme die Sonne unter und es wird schlagartig eiskalt. Ich kann die Abfahrt nicht genießen und komme als Eisklotz unten an. Glücklicherweise finde ich im Tal sofort einen guten Platz zum Zelten, direkt an einem Bach. Mein Kocher streikt schon wieder/immernoch und es reicht nicht um Nudeln zu kochen. Deshalb gibt es Brühe mit Brot.


Tag 67 - 31.10.2018
- Sarnakunk; Armenien -
Ich fühle mich gut und so als könnte ich heute gut Strecke machen, doch "leider" treffe ich nach rund 30 Kilometern, am Straßenrand Toni und seine vier Chayas. Naja, eine davon ist seine Frau und die anderen ihre Schwestern. Toni hat heute Geburtstag und sie feiern. Wie in Armenien irgendwie üblich, an einem Rastplatz mit selbst mitgebrachtem Essen und natürlich Vodka. Ich habe Hunger und will mich auf die Menschen einlassen, daher folge ich der Einladung. Keiner spricht Englisch und so unterhalten wir uns hauptsächlich mit Zeichensprache. Ehe ich mich umschauen kann habe ich nicht nur einen vollen Magen, sondern auch sechs Stamperl Vodka hinter der Binde. Ich mache mit meinen kleinen Boxen Musik und wir haben richtig Spaß! Ich werde noch zu der Familie und zum Feiern nach Hause eingeladen. Sie erklären mir umständlich die Adresse, dann fahren sie zu fünft in ihrem Lada davon. Toni sitzt am Steuer, er hat sicher doppelt so viel Vodka getrunken wie ich. Jetzt weiter zu radln ist natürlich wesentlich anstrgender als bislang. Zumal es ziemlich bergig ist. Wie immer in Armenien. Ich beschließe der Einladung nur dann nach zu kommen, wenn das Dorf zufällig auf meiner Route liegt. Das tut es nicht. An einem schönen kleinen Stausee schlage ich mein Zelt auf. Richtig viel Strecke konnte ich wegen der ausgiebigen Pause nicht machen. Aber das ist ja auch nicht so schlimm.


Tag 68 - 01.11.2018
- Goris; Armenien -

Ich stehe früh auf, denn heute will ich Strecke machen. Nachts hat es hier mittlerweile immer Temperaturen um den Gefrierpunkt, weshalb ich meistens ab fünf Uhr, wenn es am kältesten wird, ohnehin nicht mehr schlafen kann. Bis ich meine Sachen zusammengepackt und mein Fahrrad den Berg von See auf die Straße hinaufgeschoben hab' ist es viertel nach Neun. Immerhin.
Es ist der erste November, auch in Armenien!
Heute ist es gar nicht erst richtig hell geworden, denn ich befinde mich bereits in den Wolken. Wärmer als in der Nacht ist es auch nicht. Mein Handy sagt "1 Grad, gefühlt -1 Grad". Für mich fühlt es sich an, als hätte die Handy-App noch eine 0 vergessen. Meine Füße sind ab Sekunde eins gefroren. Zum Glück muss ich gefühlt nur klettern, wodurch mir zwar nicht warm wird, ich aber ordentlich ins Schwitzen komme, was die ganze Sache noch schlimmer macht. Mit der Zeit kommen dann noch Regen und Gegenwind dazu. Ich fahre entlang der Konfliktzone zwischen Armenien und Azerbaidschan. Patrolierende Soldaten mit geladenen MG's und Panze begleiten mich den gesamten Weg. Doch nicht nur für sie ist das heute ein einziger Kampf und ich beschließei, nach 60 Kilometern und so vielen, viel zu kalten Nächten im Zelt, mein Glück mal nicht herauszufordern irgendwann wieder krank zu werden und mir für eine Nacht zum wieder aufwärmen eine günstige Unterkunft zu suchen. Für morgen ist hier Schnee angesagt und ich muss über den Meghri-Pass (2.500m). Mal sehen wie ich weitermache. Eventuell muss ich noch eine Nacht bleiben und wenigstens ein wenig Sonnenschein abwarten oder die Strecke irgendwie überbrücken.


Tag 69 - 02.11.2018
- Goris; Armenien -
Heute war Stubenhocken angesagt. Aber der Tag brachte viel gutes. Schon beim Frühstück hatte ich eine sehr nette Begegnung, mit einer prominenten Delegation aus der Heimat. Die sechs Personen, zu denen ich mich an den Tisch setzte - unter anderem der 1. Bürgermeister aus Höchstadt an der Aisch - sind im Namen des Hajastan-Armenienhilfe e.V. in ganz Armenien unterwegs gewesen und heute eben auch in Goris zu Gast. Anschließend habe ich meine ganzen Eindrücke von Armenien, in einem Video zusammengefasst. Die Internetverbindung hier ist jedoch so schlecht, dass ein Upload unmöglich ist. Und ich habe erneut meinen Multi-Fuel Kocher, generalüberholt und er funktioniert nun wieder wirklich einwandfrei. Morgen zieht es auf und ich kann weiterfahren. Vielleicht schaffe ich es direkt bis zur Grenze, dafür bräuchte ich morgen aber einen Sahnetag und Rückenwind. Wir werden sehen.


Tag 70 - 03.11.2018
- Kajaran; Armenien -
Klettern wie ein Äffchen! Ich habe heute morgen noch gewartet, bis das neue Video im zweiten Anlauf hochgeladen war. Deshalb bin ich einfach zu spät in Goris losgefahren, um es ganz bis an die Grenze zu schaffen, aber ich war auf einem guten Weg bis es dunkel wurde.
2.500 Höhenmeter brauche ich trotzdem so schnell nicht wieder. Ich musste dann mangels Möglichkeiten im Fels mein Zelt aufzustellen leider wieder ein Hotelzimmer nehmen. Wenigstens gab es das Abendessen umsonst.


Tag 71 - 04.11.2018

- IRAN - 


Den restlichen Meghri-Pass hoch muss ich nochmal ganz schön kotzen. Durchgehen 12% Steigung und die vielen LKWs die einem den Dieselsmog, bei der ohnehin dünneren Luft, direkt ins Gesicht blasen. Pure Erleichterung, als ich endlich oben auf 2.535m angekommen bin. Zusammengenommen bin ich seit gestern früh knapp 4.000 Höhenmeter gefahren. Mit so viel Gepäck ist das ganz schön hart. Für die Abfahrt packe ich mich ordentlich ein, aber ich friere trotzdem an Händen und Füßen und weil ich bergauf so geschwitzt habe. Trotzdem macht es natürlich Spaß, auch wenn die Straße häufig mit einer Buckelpiste vergleichbar ist. In Meghri kurz vor der iranischen Grenze angekommen genehmige ich mir noch ein Mittagessen von meinem restlichen armenischen Geld, dann bin ich bereit für den Grenzübergang. An dem Grenzgebäude angekommen, komme ich mir vor wie Harry Potter, als er das erste Mal den tropfenden Kessel betritt. Alle glotzen mich an und wollen mit mir quatschen. Die pure Aufregung. Ansonsten läuft alles überraschend problemlos. Die Beamten haben genauso wenig Bock, meine ganzen Taschen zu durchforsten wie ich und winken mich einfach durch. Nur die Beamtin an der Passkontrolle nimmt sich extrem viel Zeit, um mich mit meinem Passbild zu vergleichen. Sooo sehr verändert habe ich mich jetzt auch nicht! Aber vermutlich sehen Mitteleuropäer für sie alle gleich aus.
 WELCOME TO IRAN! Sagen der Grenzbeamte und gefühlt 48 Iranerinnen und Iraner, die ganz aus dem Häuschen sind als sie mich mit meinem Fahrrad sehen. Außerdem zähle ich allein in und am Grenzgebäude sieben Mal das Bild der beiden Staatsführer Khomeni und Khameni. Direkt wurden alle Iranklischees erfüllt, die ich erwartet habe. Die Zeitrechnung ist jetzt eine andere: eine halbe Stunde vor (solche Hipster) und 621 Jahre zurück. Wir schreiben ab jetzt das Jahr 1397 nach Mohammed. 
Ich fahre los und komme nach ungefähr einer halben Stunde schon durch ein wahres Camper-Paradies. Irgendwie ist mir aber mehr nach Weiterfahren und ich bleibe im Sattel, bis es anfängt zu dämmern. Auf der Suche nach meinen Zeltplatz für die Nacht, bekomme ich die Gelegenheit meinen ersten Smalltalk auf Persisch zu versuchen. Ich: “Salam“, Iraner: „Salam! Blablablabla“, Ich: „Man Farsi balat nistam“ (Ich spreche kein Persisch), Iraner: „Blablablab“, Ich „Almany“, Iraner: „Ah Almany. Germany, hm?! Heil Hitler!“, Ich: „Hm… ja… den gab’s auch… Ciao!“ - Das üben wir nochmal!
Leider gibt die Landschaft immer weniger her und ich finde dann einen Platz für mein Zelt auf einer Art Feld zwischen flachem Gebüsch - einigermaßen Sichtgeschützt. Ich bin endlich im Iran! :)


Tag 72 - 05.11.2018


- Ersi; Iran -
Als ich aufwache regnet es. Bis es um 13:00 Uhr damit aufhört, bleibe ich weitestgehend in meinem Zelt. Nachdem ich zusammengepackt habe, werde ich von zwei Soldaten kontrolliert und gefilzt. Die ausführliche Geschichte beschreibe ich in einem ausführlichen und detaillierten Artikel über den Iran, den ich jedoch erst nach verlassen des Landes auf meiner Homepage veröffentlichen werden. 
Als ich endlich weiterfahren kann, lohnt es sich schon kaum mehr, überhaupt noch zu fahren. Es ist bereits 15:00 Uhr. Die ersten sieben Kilometer meiner Strecke folgen mir die beiden Soldaten noch „heimlich“ auf ihrem Motorrad und ich bin genervt. Nach 20 Kilometern komme ich in den ersten Ort, nach Ersi. Dort werde ich von jungen Iranern auf Tee und später HotDogs eingeladen. Ich werde bis zur Dämmerung aufgehalten, was aber kein Problem ist, denn ich kann über Nacht bei Vahid dem Schreiner und seinen Eltern zu Hause bleiben. Ich bekomme sogar ein Abendessen. Das erste Mal bei Iranern zu Hause eingeladen und alles ist so anders!


Tag 73 - 06.11.2018


- Tabriz; Iran -
Heute möchte ich bis nach Täbris kommen. Eine wirklich weite Etappe, weshalb ich froh bin , dass Vahid darauf besteht mich noch mit dem Auto in den 15 Kilometer entfernten nächsten Ort zu fahren. Unterwegs erzählt er mir stolz, dass er gar keinen Führerschein mehr hat. Anschließend mache ich mich von dort aus auf den Weg. Es regnet und es ist kalt. Außerdem läuft mein Rad nicht richtig und ich kann die Ursache nicht ausmachen. Umso glücklicher bin ich, dass ein LKW direkt vor mir den Warnblinker reinhaut und rechts ran fährt. Ein kleiner dicker Mann steigt aus und wedelt mit einer Thermoskanne. Wie auch Vahid, spricht der Mann zwar kaum englisch, versteht aber einigermaßen was ich sage. Er bietet mir an mich ein Stückchen mitzunehmen. Ein Stückchen ist gut, ich spare mir durch die Mitfahrt weitere 50 Kilometer und die beiden bedeutenden Anstiege auf meinem Weg nach Tabriz. Ich bezweifle stark, dass ich das heute sonst gepackt hätte. Bergab kann ich dann wieder selbstständig holzen. Einziges Manko ist der anhaltende Regen. In Tabriz angekommen beginnt meine Lost in Translation-mäßige Oddyssee. All das nachzulesen in dem Artikel: „Meine ersten 48h im Iran“


Tag 74 - 07.11.2018


- Tabriz; Iran -
Heute ist mein Geburtstag, deshalb habe ich gestern so Gas gegeben und mich bemüht, noch alles zu regeln, was es zu regeln gibt, um an meinem Geburtstag genau das zu machen, worauf ich Lust habe. Nämlich nix!

Beim zugegebenermaßen armseligen Frühstück in meinem Hotel, werde ich von einer jungen Frau beobachtet. Sie gibt dsich keine große Mühe es zu verbergen. Nach dem Frühstück passt sie mich ganz zufällig ab, als ich auf dem Weg zu meinem Zimmer bin. Sie heißt Romisa, kommt aus dem Iran, ist 28 Jahre alt und Anästhesistin. Letzteres erzählt sie mir in den zwei Minuten, die wir uns unterhalten, geschlagene viermal. Das kam mir zu diesem Zeitpunkt schon merkwürdig vor, aber leider anscheinend nicht merkwürdig genug, denn ich nenne ihr den Namen meines Instagram-Profils. Meine Handynummer "fällt mir leider gerade nicht ein". Kaum auf dem Zimmer angekommen, bekomme ich die erste Nachricht. Romisa möchte mir am Nachmittag ein wenig die Stadt zeigen. Ich sage, dass ich leider schon verplant bin. Anschließend putze ich in dem Badezimmer des Hotels ausgiebig mein Fahrrad, das vor Dreck nur so strotzt und reinige auch mein Zelt. Dabei höre ich Hörspiel und bin zufrieden und vor allem glücklich, dass ich quasi durchgehend die allerliebsten Geburtstagsnachrichten von meinen Freunden aus der Heimat bekomme. Danach mache ich einen kleinen Stadtspaziergang. Weil heute Feiertag ist, haben die meisten Geschäfte zu, aber ich treffe Ali, einen Englischlehrer im Ruhestand und quatsche ein wenig mit ihm. Er bringt mich dann auch zu einem Supermarkt, der trotz des Feiertags geöffnet hat, wo ich mir Wasser und ein paar Kleinigkeiten die ich brauche, kaufen kann. Außerdem kaufe ich drei Flaschen Delster Malzlimonade, weil die wirklich genial schmeckt und mein Bier-Ersatz für meinen diesjährigen Geburtstag darstellt. Zurück im Hotel, habe ich ein paat neue Nachrichten von Romisa erhalten. Sie hat durch meine Story auf Instagram erfahren, dass ich Geburtstag habe und möchte mich zum Abendessen einladen. Ich weiß, dass das zwar ein Flirtversuch ihrerseits ist, die Vorstellung an meinem Geburtstag in Gesellschaft zu Abend zu essen ist jedoch verlockend und mal ehrlich, was soll schon passieren?! Als es dann Abend ist und wir uns vor dem Hotel treffen, bin ich mir bei der ganzen Sache schon wieder nicht mebr so sicher. Romisa hat einen "Chaffeur" bestellt. Mir geht durch den Kopf, dass ich jetzt entweder auf eine ganz billige Entführermasche reingefallen bin, oder die Abendessenssache unterschätzt habe und ich mich nun inmitten eines waschechten Dates wiederfinde. Zweiteres entpuppt sich als Wahrheit. Wir fahren nämlich nicht in irgendein Lokal. Wir fahren in ein fünf-Sterne Hotel, das schickste was Tabriz zu bieten hat. Romisa erzählt mir auf der Fahrt noch einige Male von ihrem Beruf. Meine Fragen über den Iran versteht sie meist nicht und so beschränkt sich die Konversation hauptsächlich auf eine Frage die ich ihr stelle, gefolgt von einem Kichern ihrerseits... Dann wird ein Selfie gemacht. Bis zum Ende des Abends bestimmt 30 Stück. Nach dem Essen möchte sie noch einen Kaffee mit mir trinken gehen. Auf dem Weg zum Café, fordert sie mich mehrfach auf mit ihr Händchen zu halten. Zum ersten Mal bin ich froh, dass ich von Natur aus immer kalte Hände habe, denn so habe ich ein Argument, meine Hände weiterhin in meiner Jackentasche zu vergraben. Ich möchte nicht gemein sein, aber ich möchte ebenfalls nicht wissen, was passiert, wenn man einem iranischen Mädchen Hoffnungen macht, wo ich doch so gar kein Interesse habe. Später erfahre ich, dass ich ebendas leider schon getan habe, als ich mich am Morgen kurz mit ihr unterhalten habe. Im Iran gilt das anscheinend als klares Signal, dass man sich äußerst sympathisch findet und alles,was einer Hochzeit im Weg steht praktisch nur noch Förmlichkeiten sind. OK... das ist jetzt vielleicht ein klein bisschen überzogen, dennoch werde ich beim nächsten Mal wesentlich vorsichtiger sein. Die Menschen hier ticken einfach in sehr vielen Dingen anders. Das werde ich in den nächsten Tagen noch mehrfach deutlich zu spüren bekommen. Ich bin jedenfalls froh, an meinem Geburtstag nicht alleine zu Abend gegessen zu haben, aber doch irgendwie froh, alleine ins Bett zu gehen.


Tag 75 - 08.11.2018


- Tabriz; Iran -

Einmal raus aus Tabriz und wieder zurück.
Nachdem ich gestern einen wunderbaren und vor allem extrem entspannten Geburtstag in Tabriz verbracht habe und sogar fein zum Essen eingeladen wurde, habe ich heute morgen aus wettertechnischen Gründen beschlossen zusammen zu packen und weiter zu ziehen. Das Rad lief nach der gründlichen Reinigung auch wieder wie geschmiert und die Beine fühlten sich Top an. Doch mein Versuch die Stadt zu verlassen, wurde bereits nach wenigen Ampeln unterbrochen. Denn plötzlich steht Seyyed-Mohammed neben mir. Mit einem Fahrrad. Kurz und knapp gibt er mir zu verstehen, dass ich ihm folgen solle, weil er mir einen schönen Park zeigen möchte. Ein wenig Spontaneität hat noch nie geschadet, also komme ich mit. Sprechen können wir nicht so viel, da sein Englisch ungefähr so gut ist wie mein Persisch, aber er lädt mich auf einen Tee ein und mit dem Google Übersetzer können wir uns ein wenig austauschen. Seyed möchte, dass ich heute sein Gast bin. Ich habe überhaupt keine Einwände, denn gestern Abend habe ich erfahren, dass Benni und Catha, meine Freunde, die ich in Armenien kennengelernt habe, ihr Visum nun in der Tasche haben und mir auf den Versen sind. Wir fahren also exakt dieselbe Strecke, die ich aus der Stadt herausgefahren bin, wieder in die Stadt hinein. Seyeds Elternhaus ist nämlich nur fünf Minuten von dem Hotel entfernt, das ich heute morgen verlassen habe. Die nächsten Stunden bestehen hauptsächlich darin, dass ich mit lokalen Köstlichkeiten und nicht-so-Köstlichkeiten gemästet werde und die GESAMTE Verwandschaft aus ganz Tabriz und Umland anreist, um einmal mit mir und meinem Fahrrad ein Foto zu machen. Für mich eher lästig und auch ein wenig unangenehm, aber ich sehe welche Freude es meinen Gastgebern bereitet, so eine Attraktion in ihrem Haus zu haben, dass ich es gerne über mich ergehen lasse. Als es schon dunkel ist fahre ich mit Seyed auf einen Berg. Er will mir die Stadt von oben zeigen. Tabriz hat 1,6 Millionen Einwohner, also ist das Bild dementsprechend eindrucksvoll. Seyed redet nach wie vor nicht viel, aber er sagt zwischen durch immer wieder" I am happy!" Und ich bin es auch.
Danach holen wir Catha und Benni von Bahnhof ab. Sie wissen noch nicht was sie erwartet. :) wir sind nämlich noch zum Essen bei Seyeds Schwester eingeladen!!


Tag 76 - 09.11.2018


- Tabriz; Iran -

Seyyed-Mohammeds Schwester wohnt zusammen mit ihrem Mann und ihren zwei Söhnen in einem größeren Haus, außerhalb von Tabriz. Nach dem späten Abendessen am Vorabend, wurden wir noch bis halb drei Uhr Nachts mit Fragen über unsere Heimat, unsere Meinung zu Iran, unseren Jobs, unseren Familien und vielen weiteren Dingen gelöchert. Erwähnenswert war hierbei die Ausdauer, des älteren Sohnes, der mit seinen 13 Jahren schon bemerkenswert gut Englisch spricht und den ganzen Abend als Übersetzer fungiert. Es wird sehr deutlich, wie gut ihm seine Rolle gefällt und immer wenn uns etwas angeboten wird sagt er stolz und mit großzügiger Geste, dass wir uns: "in seinem Haus doch bitte wie zu Hause fühlen sollen".
Jedenfalls wurde es spät und so haben wir im Haus der Schwester übernachtet. Benni und Catha im Kinderzimmer und Marc, der Kinderfreund mit Seyyed-Mohammed und den Kids zusammen auf dem Wohnzimmerboden. Am nächsten Tag frühstücken wir, wie immer auf dem Boden. Ich finde das eigentlich ziemlich lässig, Benni hat mit dem Schneidersitz noch etwas zu kämpfen, wenn er länger als zwei Minuten in dieser Position verharren soll. :D
Danach machen wir einen Familienausflug nach Kandovan, eine altertümliche Stadt, die komplett in massiven Fels hineingebaut ist. Benni und Catha fahren mit Seyyed und dem älteren Sohn zusammen im Auto. Mit ihm sollte ich Platz tauschen, da der jüngere Sohn (von beiden Kindern konnte ich mir die Namen nicht merken - Schande über mein Haupt) anscheinend so ein großer Fan von mir ist, dass ich im Auto neben ihm sitzen soll und so fahre ich zusammen mit ihm und den Eltern im Auto. Das Resultat ist, dass ich mich zwar mit niemandem unterhalten kann und mir auch keiner was erklären kann, ich dafür anderthalb Stunden lang von einem schüchternen kleinen Jungen angestarrt werde und jedes Mal, wenn mir die Augen zufallen, der Vater von vorne ruft: "Mister Marc! No Sleep! Look! Look!" Zu sehen gibt es jedoch nichts außer Autobahn.
Kandovan ist sichtlich etwas besonderes. Die Bewohner haben dort Hölen in den weichen Tuffstein geschlagen, die nun als Wohnungen dienen. Auch heute leben dort noch Menschen direkt im Fels. Leider entpuppt sich das ganze als extreme Touristenattraktion. Der Ausflug dorthin hat richtigen Sonntags-Familienausflugscharakter und dient lediglich dazu, dass die Familie damit fortfahren kann, in allen möglichen Stellungen und Formationen Gruppen- und Einzelfotos, mit ihren spannenden deutschen Gästen zu machen. Ich wurde in den vergangenen 24 Stunden, mit 14 verschiedenen Familienmitgliedern, sicher um die 150 Mal fotografiert. Irgendwann kann ich leider nicht mehr die notwendige Begeisterung aufbringen, um auf den Fotos zu lächeln. Als ich mir von meinen Freunden Benni und Catha, die meine Ansicht über den Ausflug teilen, ein Feedback einhole, ob ich da jetzt vielleicht ein wenig ungeduldig bin und es überzogen ist, dass ich langsam genervt bin, beantworten diese die Frage nur mit einem müden Lächeln, gepaart mit einem resignierten Kopfschütteln.
Unser Vorschlag, uns für das Abendessen zu revanchieren und heute Abend für unsere Gastgeber deutsch zu kochen, ist leider einem Übersetzungsfehler bzw Missverständnis zum Opfer gefallen, weswegen wir der Familie nun ein Brot schulden, das wir nie gebacken haben. Daher sind wir zum Abendessen bei einem weiteren Onkel, in einem anderen Ort zum Kebab eingeladen. Es ist extrem reichlich und auch super lecker. Leider entflammt nach dem Essen eine familieninterne Diskussion darüber, in welchem Haus wir nun unsere nächste Nacht verbringen sollten. Wir werden dazu natürlich nicht befragt. Der Streit endet damit, dass der dreiköpfige Teil der Familie, um Onkel Mohsen (Foto), beleidigt abrauscht und wir wieder bei Seyyeds Schwester übernachten. Wahrscheinlich haben sie gewonnen, weil sie die dickste Bude haben. Da ich meinen Willen durchsetzen konnte, am nächsten Tag weiterfahren zu dürfen, müssen Seyyed und ich noch mit dem Auto mein Rad von Seyyeds Eltern abholen. Dass ich bei ihnen ein Stein im Brett hatte, wusste ich schon, da sie mich am Vortag bereits bei der Schwester ans Telefon holen haben lassen, um sicher zu stellen, dass ich auch ja wiederkommen werde. Doch ich wusste nicht, wie ernst es ist. Denn als ich das Angebot der Mutter, doch bei ihnen zu übernachten, mit den Worten ausschlage: "Ich kann leider nicht, meine Freunde warten, doch ihr seid in meinem Herzen!" (kitschig ich weiß! Schien mir aber aufgrund des Drängens irgendwie angebracht), bricht sie fürchterlich in Tränen aus, was mir das Herz zerreißt. Alten Menschen beim Weinen zuzusehen, ist noch schlimmer als bei anderen Menschen, finde ich. Trotzdem weiht mir die Mutter noch bei einer Abschiedzeremonie den Weg, bei der ich mich beim fortgehen nochmal umdrehen muss, damit sie mir mit Hilfe einer Gießkanne, Wasser hinterher schütten kann. Irgendwie süß!
Zurück bei der Familie, treffe ich alle Vorkehrungen, um am nächsten Morgen direkt loszufahren. Als ich am Abend noch in mein Tagebuch schreibe und Benni und Catha bereits im Bett sind, sitzt die versammelte Truppe um mich herum und starrt mich an. Als ich verwundert zurückschaue erklärt mir der Sohn: "Wir schauen dich an, weil wir dich morgen nicht mehr sehen werden."
Alles klar Chef! Zum Glück kann ich morgen wieder weiter!


Tag 77 - 10.11.2018

- Zandschar; Iran -
Meine Gastfamilie, rund um Seyyed-Mohammed ist sehr freundlich und großzügig. Ja, ihr Freundlichkeit und Großzügigkeit geht sogar soweit, dass sie uns gar nicht mehr gehen lassen möchten und mich ihre Zuneigung mich zum ersten mal in meinem Leben spüren lässt, wie es sich als Claustrophobiker wohl in einem engen Raum anfühlen muss. Ich fühle mich gefangen. Genauer werde ich in meinem Bericht darauf eingehen, den ich nach meinem Iran-Aufenthalt veröffentlichen werde. Durch stundenlange Überzeugungsarbeit mit unschlagbaren Argumenten, schaffe ich es die Familie zu überzeugen, dass meine heutige Abreise unausweichlich ist. Diese Maßnahme bedeutet leider, dass ich mich nach nur einem Tag wieder von Benni und Catha trennen muss. Ihnen ist dieses Kunststück nämlich leider nur halb gelungen. Sie fahren heute in die Berge, werden jedoch von Seyyed begleitet, der von der Großfamilie als der Beschützer meiner beiden Freunde auserkoren wurde. Wir vereinbaren uns in Teheran zu treffen, wo wir uns definitiv lieber ein Hotel nehmen werden, um ein wenig mehr voneinander zu haben.
Ich mache mich also auf den weg in die 600km entfernte Hauptstadt. Mir ist danach mal wieder richtig Strecke zu machen und der direkte Weg führt über die Autobahn. Es gäbe auch eine alte Straße, die ist jedoch wesentlich gefährlicher und in bedeutend schlechterem Zustand. Die Landschaft ist mit ihren kargen Acker-Berglandschaften und farbigen Felsformationen zwar außergewöhnlich, doch nicht besonders abwechslungsreich. Daher entscheide ich mich für den direkten Weg. Mal sehen wie lange ich bis Teheran brauchen werde.


Tag 78 - 11.11.2018

- Quazvin; Iran -

Tag 2 auf der Autobahn. Ich komme spät los, weil Mein Sachen über Nacht nass geworden sind und am Morgen die Sonne nicht scheint. Ich muss also alles per Hand trocknen. Die Beine geben heute  was her und ich komme gut voran. Ich kann nicht einmal an Menschen vorbeifahren, ohne, dass mich jemand in ein Gespräch verwickeln will. An sich super, nur wird immer derselbe Fragenkatalog abgearbeitet und meistens gehe ich mittlerweile diesem exzessiven Smalltalk aus dem Weg. Lächeln und im vorbeifahren abklatschen kommt gut an, aber wehe ich bleibe irgendwo stehen.
Ich bin froh, wie gestern auch schon ein schönes Plätzchen für mein Zelt gefunden zu haben und genieße die Ruhe. Und es ist bemerkenswert, dass ich das sagen muss, schließlich war ich ja eigentlich den ganzen Tag auf der Autobahn.


Tag 79 - 12.11.2018

- Buin-Zahra; Iran - 

Ich komme gut weg. Starker Gegenwind und bergauffahren demotivieren mich jedoch nach kurzer Zeit (ca. 60 km/2,5h). In einer Parkbucht am Straßenrand mache ich eine kurze Pause und dehne ein wenig meine Beine. Aus einem parkenden Mercedes LKW steigt ein alter Mann aus. Ali Rezah sieht den dicken Regenschauer, der nur noch wenige hundert Meter von uns weg ist und möchte mich davor bewahren, komplett durchnässt zu werden. Mein Rad laden wir in den Laderaum. Anschließend sitze ich eine Stunde alleine im LKW und schaue dem Regen zu, während mein Gastgeber bei seinem Kollegen im LKW Mittag macht. Die Pause macht mich ganz schläfrig. Umso glücklicher bin ich, als mich mein Retter in der Not auf persisch fragt, wo ich denn eigentlich hin will. Er muss glücklicherweise in die selbe Richtung und nimmt mich 200!!! km mit. So habe ich dank eines Regenschauers, auf meiner Reise nach Teheran einen ganzen Tag gewonnen. Als wir in Buin-Zahra gegen 19:00 Uhr ankomme ist es bereits stockdunkel. Zum Abschied schenke ich meinem Gönner einen kleinen glasierten Teller, auf dem Dankeschön auf persisch steht und er fängt vor Freude an zu weinen. Mit dieser Emotionalität, muss erst ich noch lernen umzugehen. Der Polizist, den ich nach einem Hotel in diesem Ort frage, kann mir zunächst nicht weiterhelfen. Doch keine fünf Minuten später stehen sein Bruder Behroz und dessen Kumpel Ali neben uns. Sie sprechen englisch. Dass ich in ein Hotel gehe, kommt überhaupt nicht in die Tüte! Heute bin ich ihr Gast! Wir holen noch ihren Freund Hassan ab. Er hat zwei Jahre in Koblenz studiert und ist total glücklich, dass er nun wieder eine Gelegenheit hat deutsch zu üben. Behroz hat eine Teppichmanufaktur mit seiner Frau zusammen. Die Kunstwerke an der Wand sind beeindruckend. Als die Frau von der Arbeit kommt trete ich ins Fettnäpfchen und strecke ihr meine Hand entgegen. Im Iran ist es Frauen nicht gestattet, fremden Männern die Hand zu geben. Ich hatte das vergessen. Ali, der für sein Leben gern Violine spielt, bereitet mit Behroz' Frau ein köstliches Kebab Menü. Anschließend schlafen wir Männer alle gemeinsam im Wohnzimmer auf dem Boden.


Tag 80 - 13.11.2018

- Karadsch; Iran -
Nach dem Frühstück, besuche ich die Tappichwerkstatt von Behroz und seiner Frau. Ich bin geflasht, von der Arbeit, die hinter einem einzigen Teppich steckt und wie viel Mühe und Herzblut in ein solches Projekt fließt. Man kann praktisch jedes Motiv als Teppich haben und jedes winzigste Detail, wird in den liebevoll handgewebten Teppichen berücksichtigt und umgesetzt. Für einen Teppich mit den geschätzten Maßen 80x150cm, braucht eine der fünf Angestellten, sechs ganze Monate, eher der Teppich für rund 300 Dollar über die Theke geht. Die Auftragslage stimmt, da sie weit und breit die besten Teppiche weben. Dennoch versuchen Behroz und vor allem seine Schwiegermutter, die die Webmeisterin der Stube ist, über mich ein paar Aufträge aus Deutschland an Land zu ziehen. Wer also schon immer mal mit einem handgewebten iranischen Seidenteppich geliebäugelt hat - beispielsweise mit einem Portät von sich selbst - der Wende sich an mich, ich habe den besten Kontakt! Es wird auch nach Deutschland versandt!!
Anschließend holt mich mein deutsch sprechender Freund Hassan wieder ab. Wir laden mein Fahrrad auf die Ladefläche seines PickUp und fahren zu zweit nach Karadsch. Die Stadt ist nur 45 Kilometer von der Hauptstadt Teheran entfernt und hat 1,5 Mio. Einwohner.
In der Wohnung seines Neffen (wenn ich das richtig verstanden habe), kann ich mein Rad unterstellen und er kocht für uns Nudeln. Leider hat er - typisch Iraner - abgelehnt, dass ich auch nur einen Finger krumm mache. Ich hätte lieber für uns beide gekocht! Ihr versteht! ;)
Danach fahren wir in die Innenstadt und er zeigt mir die gro0e Einkaufsstraße von Karaj. Außerdem lädt er mich auf ein Eis ein. Bei 8°C wohlgemerkt, aber es ist trotzdem ziemlich lecker. Am Abend sind wir bei seiner Schwester und ihrer Familie zum Abendessen eingeladen. Ich werde mit Fragen bombadiert und das Essen ist köstlich! Alles also wie gehabt! Wobei bei dieser Familie eine wirklich entspannte Atmosphäre herrscht und ich mich wohl fühle. Wir übernachten auch dort.


Tag 81 - 14.11.2018

- Karadsch; Iran -

Heute ist ein Tag vieler Misverständnisse. Also geht alles gewissermassen so weiter wie bisher. Da Hassan morgens zu Arbeit muss, bietet er mir an, in der Wohnung seines Cousins Ali zu bleiben, in der auch mein Fahrrad steht. Eigentlich wollte ich ja heute bereits weiter nach Teheran, um Catha und Benni wieder zu treffen, doch es hat sich herausgestellt, dass sie zusammen mit Mohsen (der deutsch sprechende Onkel von Seyyed) auch nach Karadsch gefahren kommen, weshalb wir beschlossen haben uns eben in Karadsch zu treffen. So weit so praktisch. Ich habe einen Ruhetag und eine Wohnung in der ich bleiben kann und am Abend treffe ich meine Freunde, wir haben ein Abendessen und einen Schlafplatz. Der Tag ist jedoch von zwei Konflikten geprägt. Sie stehen für mich beide sinnbildlich für den Iran und sind meinen gesammelten Iranwerken ausgeführt, damit ihr ein Gefühl dafür bekommt, wie die Leute hier ticken.


Tag 82 - 15.11.2018

- Tehran; Iran -

Ich schlafe bei Mohsen auf dem Wohnzimmerboden und bin als erster wach. Nach kurzer Zeit kommt auch Mohsens Mutter aus dem Schlafzimmer. Sie ist bereits über 80 und trägt zu Hause kein Kopftuch, auch nicht wenn Gäste da sind. Sehr sympathisch! Bald sind wir vollzählig und machen Frühstück. Danach gehen Benni, Catha und ich für eine Stunde spazieren. Es ist das erste Mal, seit wir im Iran angekommen sind, dass wir nicht von Einheimischen umgeben sind und wir fühlen  uns irgndwie "frei". Als wir zu Mohsen zurückkehren, kümmern wir uns um das Mittagessen. Die Zeit vergeht wie im Flug! Nach dem Mittagessen heißt es auch schon Aufbruch., Wir wollen heute noch nach Teheran fahren. Ich habe uns ein Hostel im Zentrum ausgesucht. Seyyed ist schon vorausgefahren, Catha und Benni nehmen den Zug und ich fahre mit dem Rad. Die Fahrt von Karadsch nach Teheran ist ein Höllenritt. Erst aus einer 1,5 Mio. Stadt raus, dann auf die Autobahn und anschließen in die 15 Mio. Stadt rein. Als ich nach Teheran reinfahre ist es auch schon dunkel. Ich bin für fast 20 Kilometer bei übelstem Verkehr auf dem Ring unterwegs und schlängele mich durch die Autos hindurch. Auf ganz erstaunliche Art und Weise läuft alles fließend und vor allem glatt. Durch das ganze Adrenalin merke ich gar nicht, dass ich zwischendurch kilometerlang ca. mit 35 km/h im Schnitt fahre. Dennoch bin ich wahnsinnig erleichtert und glücklich, als ich heil im Hostel ankomme, wo Seyyed, Catha und Benni schon auf mich warten!


Tag 83 - 16.11.2018

- Tehran; Iran -

 

Sightseeing in Teheran. Es hat die gesamte Nacht geregnet, daher hat sich der Smog gelegt und die Luft ist gar nicht so schlecht. Dazu kommt, dass der Freitag im Iran, wie der Sonntag in Bayern ist. Fast alles hat dicht und keine Sau ist auf den Straßen unterwegs. Wir nutzen die Gunst der Stunde und machen einen Tag Sightseeing. Wir schlendern durch die Innenstadt, besuchen den Golestan-Palast und eine Moschee. Außerdem sitzen wir lange in einem Café, lösen Rätsel und genießen einfach den Tag. Am Abend kochen wir und machen einen Spieleabend! Man muss nicht immer Radln und Natur um sich haben, um eine richtig schöne Zeit zu haben! :)


Tag 84 - 17.11.2018

- Tehran; Iran -

 Sightseeing die Zweite. Die Stadt ist wie ausgewechselt. Überall brummt und hupt es. Am Morgen kann man vom Hostel aus noch die Berge sehen. Bis wir jedoch am Milat-Tower, dem Fernsehturm Teherans angekommen sind, sind die Berge bereit gänlich hinter dem Smog verborgen und das, obwohl der Turm noch 15 Kilometer näher an den Bergen ist als das Hostel. Der Turm ist eine herbe Enttäuschung. Nicht nur wegen des Smogs (wir waren mit elf Uhr einfach zu spät dran) ist die Sicht versperrt. Um die gesamte Aussichtsplattform ist ein engmaschiges Metallgitter gespannt, dass einem gänzlich den Blick über die Stadt raubt. Eine wunderschöne Iran-Metapher wie ich finde. Bemerkenswert ist jedoch der Preis der Metro Tickets. Es gibt nur One-Way Tickets und diese kosten immer 10.000 Rial, also ungefähr sieben Cent. Sollten sie in München auch mal drüber nachdenken. Auf unserer weiteren Reise durch die Stadt, entpuppt sich unser Freund Seyyed, der nach wie vor mit uns unterwegs ist, als äußerst erbärmlicher Reiseführer. Während wir drei - mittlerweile international Großstadterprobt - nach einem Blick auf die Karte, immer relativ zielsicher sagen können, wo es lang geht, fragt Seyyed alle zwei Mintuen nach dem Weg. Der große Nachteil: Bevor ein Iraner zugibt, dass er den Weg nicht kennt, gibt er einem einfach eine falsche Wegbeschreibung. Seyyed hat das in den letzten 36 Jahren seines Lebens anscheinend noch nicht wahrgenommen und so irren wir durch die Gassen Teherans, hinter unserem iranischen Reiseführer her. Weil Seyyed jedoch so wahnsinnig stolz ist, lassen wir es gerne über uns ergehen. Wir sind ja nicht auf der Flucht!


Tag 85 - 18.11.2018

- Tehran; Iran -

 Der vorabendliche Entschluss: Wir bleiben noch einen Tage, nutzen das gute Wetter und gehen Skifahren! Teheran liegt direkt am Fuße des Elburs-Gebirges. Dessen höchster Berg, der Tochal, ist direkt von der Stadt aus, mit der Metro und einer anschließenden kurzen Taxifahrt erreicht. Gegen unseren Vorschlag, wegen des Verkehrs die Öffentlichen zu nehmen, besteht Seyyed darauf, dass wir mit seinem Auto fahren. Er möchte einfach so gerne ein gute Gastgeber sein! Also fahren wir direkt nach dem Frühstück zur Gondel am Fuß des Berges. Dort treffen wir noch Reyhana. Sie ist Irans Radmeisterin, über 3.000m auf der Bahn und teilt Seyyeds Leidenschaft für die Berge. Während wir uns auf die Piste begeben, werden die beiden gemeinsam von der Mittelstation aufsteigen. Für 990.000 Rial - 6€ kaufen wir das Ticket für die Fahrt zum Gipfel und den beiden Skiliften. Ski, Schuhe und Stecken, alles in gutem Zustand leihen wir für 1.380.000 Rial also ca. 8,50€. Anschließend nehmen wir die Gondel nach oben. Wir steigen nur einmal um, trotzdem ist die Mittelstation, Station Nummer 5 und der Gipfel, Station Nummer 7. Versteh mir einer die Iraner. Wir haben echtes Kaiserwetter und obwohl, die zwei Sessellifte langsam sind und beide auf die selbe Piste führen, haben wir richtig viel Spaß! Ich hatte nicht damit gerechnet auf meiner Reise überhaupt keinmal Skifahren zu gehen. 

Am Abend nehmen Benni und Catha den Bus nach Shiras und Seyyed fährt zurück nach Tabriz.Ich werde morgen meine 450 Kilometer lange Reise nach Esfahan antreten. 


Tag 86 - 19.11.2018

- Quom; Iran -

Ich bin wieder auf der Straße! Der Weg am Morgen aus Teheran heraus, ist eine ähnlich große Katastrophe, wie hinein. Doch sobald ich draußen bin, kann ich richtig schön auf die Tube drücken. Das Wetter ist perfekt! Blauer Himmel, Sonnenschein und 18 Grad. Mein Ziel ist heute ein Salzsee, 120 km südlich von Teheran. Nach guten 4 Stunden kann ich den See zu meiner linken bereits sehen, da geht meine kleine Pechsträhne los. Erst habe ich einen Platten. Es ist kurz vor Sonnenuntergang, also ein etwas ungünstiger Zeitpunkt, weil ich meine nächtliche Bleibe am liebsten noch bei Tageslicht suche. Mein letzter Ersatzschlauch ist defekt und so muss ich den Platten flicken, was mich Zeit kostet. Als ich fertig bin, ist es bereits dunkel. Der Salzsee, an dem ich übernachten möchte, wird leider industriell genutzt, zumindest an der Stelle, an der ich mich dem See genähert habe, also kein Zelten möglich. Auf der Suche nach einem anderen Platz komme ich an einem verlassenen Haus, dessen Hintertür nicht abgesperrt ist. Leider ist es darin zu schmutzig und zu staubig, als dass ich dort über Nacht bleiben könnte. Man bekommt fast keine Luft. Diesen Entschluss fasse ich jedoch erst, nachdem ich mich schon fast eine Stunde versucht habe mich häuslich einzurichten. Beim Verlassen des Hauses, bleibe ich mit meiner vorderen Packtasche hängen und sie geht kaputt. Nichts schlimmes, aber das nötige Ersatzteil habe ich nicht dabei. Etwas resigniert schlage ich dann mitten auf der weiten und ungeschützten Steppe auf der ich mich befinde, mein Nachtlager auf. Immer wenn ich dann im Zelt liege, fallen alle Sorgen von mir ab. Ich kann mich morgen drum kümmern. Mein mobiler Happyplace! :)


Tag 87 - 20.11.2018

- Kaschan; Iran -

Ich setze meinen Weg nach Isfahan auf der Schnellstraße fort. Außer einer kleinen Pause nach 100km fahre ich quasi durch und so komme ich trotz der kurzen Tage - mittlerweile geht um halb fünf die Sonne unter - auf immerhin knappe 160 Kilometer. Wenn ich morgen nochmal so einen Tag hinlege, komme ich statt am Donnerstag, schon morgen Abend in isfahan an. Aber es liegen mehr Höhenmeter vor mir, also sollte ich morgen früh los. Aber so eilig habe ich es ja nicht. Highlight des Tages: auf dem Parkplatz, an dem ich Rast gemacht habe, war außer mir nur eine einzige Familie. Sie haben mir Brot und zwei selbstgemachte iranische "Röstis" geschenkt! Die kamen genau richtig! <3


Tag 88 - 21.11.2018

- Khomeinishar; Iran -

5:21 Uhr. Ich werde von dem Gesang eines Muezin geweckt. Wie praktisch! So kann ich es tatsächlich doch noch an einem Tag bis Isfahan schaffen! Um 7:30 Uhr habe ich bereits Porridge und Kaffee gefrühstückt, um acht Uhr fahre ich los. Mir steckt der gestrige Tag deutlich in den Beinen, hinzu kommen Höhenmeter und Gegenwind. Zwischendurch geht es mir ehrlich gesagt wirklich mies! Aber ein langes Telefonat mit einem guten Freund überbrückt die schlimmsten Abschnitte. Ohne die Hilfe von zwei, drei LKWs an denen ich mich am Berg einfach festgehalten habe, hätte ich es wohl nicht geschafft! Doch ich habe mir das Höhenprofil angeschaut und ich weiß, dass es nach knapp 100 km für gute 75 Kilometer bergab geht. Also Zähne zusammenbeißen. Kurz vor meinem Zielort passiert es dann. Ich habe den zweiten Platten in drei Tagen. Super nervig, super mieser Zeitpunkt. Doch die Hilfe lässt nicht lange auf sich warten. Noch bevor ich den Reifen abmontieren kann, hält ein Pickup. Er nimmt mich die letzten paar Kilometer mit zu einem Bikeshop nach Khomeinishar, einem Nachbarort von Isfahan. Dort bekomme ich einen neuen Schlauch und sogar einen neuen Mantel für mein Hinterrad!!!!! No Tarov - keine Höflichkeitsfloskel, sondern ein ernst gemeintes Geschenk! Dafür muss ich nur ein paar Fotos zur Werbung mit dem Betreiber des Ladens machen. Achja!!! Mein Rad übernachtet heute in seinem Store und ich mit ihm und ein paar Freunden in einer Art Gartenhaus. Gleich gibt es Chicken Kebab.

Im Iran ist alles möglich, da kann auch ein Platten ein Geschenk sein!!!
Wir sitzen am späten Abend, nach dem Chicken Kebab noch im Gartenhaus zusammen, rauchen Wasserpfeife und singen. Ich deutsche und englische Lieder, die Männer iranische Lieder. Es ist ein wenig unfair, weil sie sich immer gegenseitig unterstützen können! :D
Aber ich bin, obwohl ich lange nicht für andere Leute gesungen habe relativ sicher und merke einmal wieder, wie unglaublich viel Spaß mir das Singen macht. Danach schlafen wir alle gemeinsam im Gartenhaus. In der Mitte des Raumes ist ein Holzkohlegrill aufgebaut, darüber ein Tisch und darüber wird eine Decke ausgebreitet, unter der wir alle unsere Beine bedecken können. Anscheinend eine entspannende traditionelle iranische Methode. Für mich ist es neu, ich finde die Idee aber ziemlich gut. Wenn das Geschnarche etwas leiser gewesen wäre, hätte ich sicher geschlafen wie ein Stein! ;)


Tag 89 - 22.11.2018

- Esfahan; Iran -

Amir meinte am Vorabend, dass er gerne um sieben Uhr aufstehen möchte, um gegen acht Uhr seinen Laden aufsperren zu können. Ich kann mich auf meiner superkorrekte deutsche innere Uhr verlassen und wache um Punkt sieben Uhr auf. Doch außer mir rührt und regt sich nichts. Gerade Amir macht nicht den Anschein, sich jetzt oder bald, von der Waagerechten in die Senkrechte zu begeben. Nach und nach werden alle Männer wach und unser Chefkoch (sein Name mag mir einfach nicht einfallen), der uns am Vorabend schon das Kebab bereitet hat, macht uns ein Omlette. Danach wird erstmal eine Runde getanzt. "Nach dem Essen sollst du ruhn', oder tanzen..." heißt es ja. Zu extrem lauter iranischer Musik schwingen hauptsächlich Amir und ich ordentlich das Tanzbein. Während Amir einen astreinen iranischen Bauchtanz hinlegt, versuche ich mich mit einem etwas eigensinnigerem Stil dem komischen Rhythmus der Musik anzupassen. Sicher lustig mit anzuschauen! Als wir dann letztendlich zusammenpacken ist es bereits halb elf. So ist das mit der iranischen Pünktlichkeit, irgendwie sympathisch! Wir fahren zu fünft in einem Auto zu Amirs Laden, wo mein Rad auf mich wartet. Amirs kleiner Bruder hat sich den Arm gebrochen und auf seinem Gips prangt ein großes Hakenkreuz, bei dem die oberen Balken in die falsche Richtung zeigen und darunter steht "Hi Hitler!". Ich habe im Iran bereits ein paar Begegnungen gehabt, bei denen meine deutsche Herkunft einen wahren Lobgesang auf Hitler ausgelöst haben, was mich ziemlich, ziemlich sauer gemacht hat. In diesem Fall weiß ich, dass die Motivation eine ähnliche ist, doch bei dieser extremen Verfälschung, kann man eigentlich nur von Satire sprechen und darüber lachen.
Beim Radladen angekommen, bekomme ich hinten neue Bremsbacken und einen neuen Mantel, zu einem ziemlich erschwinglichen Preis verpasst. Anschließend beginnt eine äußerst langwierige Foto- und Abschiedszeremonie, was ich ja mittlerweile aus dem Iran gewohnt bin. Feiern kann ich es nach wie vor nicht! Aber damit noch nicht genug. Ich soll noch einen Konvoi aus der Stadt bekommen. Ein Motorrad und ein Fahrrad sollen mich aus der Stadt hinausbegleiten. Eigentlich ist das, wie immer total nett gemeint, aber es gibt für mich zwei Schwierigkeiten dabei: Jedes Mal wird einem das Gefühl gegeben, als dächten die Iraner, dass man es als dummer Ausländer nicht alleine aus der Stadt heraus schaffen würde. Das wird vorallem an der rechthaberischen Gestik klar, mit der sie einem den besten Weg durch den Verkehr zeigen wollen. Und zum anderen. Würde ich, wie nun seit Wochen schon, die Route kurz auf meinem Handy anschauen und dann aus dem Gedächtnis fahren, wäre der Weg zu meinem Ziel 5 Kilometer und 25 Minuten kürzer gewesen. Der Weg den mir die beiden gezeigt haben war nämlich falsch.

Die Crux dabei für mich: Sie meinen es ja wirklich nur gut und ich wünsche mir, dass diese Menschen ihrer Herzlichkeit und Großzügigkeit beibehalten! Mich zermürbt es jedoch sehr, täglich Hilfe angeboten zu bekommen, die ich nicht benötige und dafür auch noch übermäßige Dankbarkeit zeigen zu sollen. Vielleicht nicht zuletzt deshalb, habe ich an diesem Tag starke Kopfeschmerzen. Ich suche mir ein Hostel, ein ausnahmsweise wirklich schönes! Am Nachmittag/Abend, schlendere ich noch ein wenig durch die Stadt, gebe mich den kulinarischen Angeboten hin, die sich wie immer auf Fleisch und extreme Süßspeisen beschränken und besuche die SioSePol Brücke. Das wahrscheinlich schönste Bauwerk (wohlgemerkt bei Nacht), das ich bislang im Iran gesehen habe.


Tag 90 - 23.11.2018

- Esfahan; Iran -


Es ist Freitag. Im Iran bedeutet es dasselbe, wie der deutsche Sonntag. Ein Feiertag. So mache auch ich heute Feiertag. Ich habe gemerkt, dass mein Körper ein wenig Ruhe braucht. Ich mache drei Stunden etwas Sightseeing, dann schneide ich ein neues Video über meine ersten beiden Wochen im Iran. Ihr könnt es euch HIER anschauen.

 

Weil heute nicht viel passiert ist, auf dem Bild mal ein kleiner Geschmack davon, was passiert, wenn man den Fehler macht, jemandem im Iran seine Telefonnummer zu geben.


Tag 91 - 24.11.2018

- Esfahan; Iran -

Ich bekomme eine neue Unterkunft. Ich mag mein Hostel sehr, jedoch ist die neue Bleibe umsonst, daher fällt mir die Entscheidung nicht schwer und ich packe nach dem Frühstück meine Sachen zusammen. Hätte ich vorher gewusst, auf was ich mich da einlasse, wäre ich auf jeden Fall in meinem Hostel geblieben. Meine neues Hostel ist eine Absteige über einem Wrestling-Club, acht Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. In meinem Zimmer leben mit mir, eine handvoll Kakerlaken und es riecht intensiv nach Rasierwasser. So als hätte jemand eine halbe Flasche davon in den Teppich gekippt, um einen anderen Geruch zu übertünchen. Ich bin wirklich nicht wählerisch und lasse mich auf vieles ein. Hier komme ich an meine Grenzen, nicht zuletzt, weil ich ein wenig angeschlagen und deshalb auch empfindlich bin. Aber es ist nunmal eine Einladung. Ein Gefallen, der mir gemacht wird, weil ich im Gegenzug eingewilligt habe, vor dem ortsansässigen Radclub über meine Reise und über meine Zeit als Triathlet und die damit einhergehende Ernährung zu sprechen. Diese Einladung zu widerrufen, oder zuzugeben, dass ich mit der Unterkunft nicht zufrieden bin, würde wahrscheinlich einer schweren Beleidigung gleichkommen. Ich will es jedenfalls nicht darauf ankommen lassen. Ich beschließe, dass ich in keinem Fall länger als eine Nacht in diesem Hostel bleiben werde. Mein Visum läuft in neun Tagen ab und ich bin angeschlagen, also beschließe ich die nächste Etappe mit dem Bus zu fahren. Warum ich mein Visum nicht verlängern möchte, erfahrt ihr bald in meinem ausführlichen Iran Bericht. Ich gehe also zum Busbahnhof und kaufe mir für 200.000 Rial (1,50€) ein Busticket nach Shiraz. Anschließend muss ich mich sputen um wieder rechtzeitig zum Hostel zu kommen. Dort werde ich nämlich von dem Direktor eines Englisch-Instituts in Khomeinishar abgeholt. Dort soll ich ebenfalls über meine Reise referieren, um die Schüler zu ermutigen Englisch zu lernen, weil man damit in der Welt so weit kommt. Der Kontakt kam zustande, als ich in Amirs Radgeschäft war und ich eine der Schülerinnen von dort kennengelernt habe. Auf der Fahrt ermahnt mich der Lehrer, mich bei meinen Ausführungen bitte immer an die iranische Etikette zu halten und auch keine Bilder zu zeigen, die eventuell dagegen verstoßen könnten. Ich bin überhaupt kein Fan davon mich in irgendeiner Form zensieren zu lassen, weiß aber auch nicht, wie streng er das jetzt meint und willige ein. In der Schule ist die Aufregung natürlich erstmal groß! Hauptsächlich sind dort Schüler und Schülerinnen meines Alters und einen Touristen aus Deutschland in ihrem Schulgebäude zu haben, ist ein echtes Highlight. Ich bin davon ausgegangen, dass alle Schüler zusammengeholt werden und ich einmal ausführlich über meine Reise spreche und anschließend Fragen beantworte. Aber falsch gedacht! Ich werde von einem Klassenraum in den nächsten gezogen und halte meinen Vortrag insgesamt sieben Mal, angepasst an das jeweilige Englisch-Level der Klasse, vor der ich stehe. Die Fragen die mir gestellt werden sind immer die gleichen und 1 zu 1 aus dem Fragenkatalog kopiert, den im Iran alle auswendig können.
Why did you come to Iran?
Do you like Iran?
Are you married or single?
What do you think about iranian people/food?

What is different in iran from germany?
What`'s your religion?

Die letzten beiden Klassen haben das höchste Englisch-Niveau. Und da der Direktor beschlossen hat, mich ein klein bisschen anzuflunkern und bereits nach der dritten Klasse angefangen hat zu sagen: "Only this one last class!" - beschließe ich, das mit der Etikette auch mal etwas auszureizen und lasse bei der anschließenden Fragerunde alles raus: "Meiner Meinung nach sollte jeder an das Glauben was er will, aber für mich spielt Glauben keine Rolle!" Düdüm... Stille! Der Direktor ist sichtlich etas angefressen, lässt mich aber auch bei meinen Auführungen zu den kulturellen unterschieden gewähren. Bei der scherzhaften Bemerkung, dass mich am Iran am meisten stören würde, dass man kein Bier bekommt, muss es sogar selbst schmunzeln.
Insgesamt habe ich vier Stunden in dem Institut referiert. Zu viel für meinen angeschlagenen Körper. Zurück im Hostel merke ich, wie es mir von Minute zu Minute schlechter geht. Ich habe Fieber, Schüttlfrost und Gliederschmerzen. Ich versuche dem mit einer rauen Menge Mandarinen und Tee entgegen zu wirken, ehe ich mich früh schlafen lege. Die Mandarinenschalen auf der Heizung machen wenigstens den Geruch im Zimmer erträglich. Doch die von Fieberträumen durchzogene Nacht ist grauenvoll.


Tag 92 - 25.11.2018

- Shiraz; Iran -

Mir geht's richtig madig! Aber ich hab' ja heute noch einen Termin, zu dem ich zugesagt habe. Mein Vortrag, vor dem Cycling-Club ist mangels Zeit zwar geplatzt, ich bin jedoch zu der Eröffnung einer neuen Radstrecke von Esfahan eingeladen. Ali, der sich auch um meine Unterkunft gekümmert hat, holt mich also um neun Uhr beim Hostel ab und wir fahren, gemeinsam mit seiner Frau zu dem Event. Ein bestuhltes Zelt, eine Bühne und sehr, sehr laute Musik erwarten uns. Man kann sich das jedoch nicht ganz vorstellen, wie bei einer Veranstaltung in Deutschland. Alles wirkt ziemlich heruntergekommen. Wert auf Ästhetik wird nicht gelegt. Wir sitzen in der zweiten Reihe, direkt hinter dem Bürgermeister von Esfahan. ALi scheint ein wichtiger Mann zu sein. Von vielen wichtigen Personen werden Reden gehalten. Dazwischen werden die Redner immer mit viel zu lauter, heroischer Musik auf der Bühne in Empfang genommen und auch während der Reden, läuft im Hintergrund Musik. Alles ist etwas skurril, aber unterhaltsam. Dann wird die Bühne umgebaut und eine Band stimmt ihre Instrumente. Eine Violine, ein Hackbrett, eine Tar (iranisches Gittaren-ähnliches Intrument) und zwei Handtrommeln. Jeder der Musiker beherrscht sein Instrument sichtlich in Perfektion. Deshalb ist es sehr schade, dass durch die relativ schlechte Tonabnahme, das Zusammenspiel der Intrumente ziemlich verhagelt wird und man dem Endprodukt kaum zuhören kann.
Als die Band fertig ist, ist der Moderator wieder an der Reibe. Von dem was er sagt, verstehe ich wie immer recht wenig. In normalen Gesprächen, weiß ich meistens, dass es um mich geht, wenn das persiche Wort für Fahrrad (Docharkhe) fällt, doch auf dieser Veranstaltung wird das Wort natürlich ständig benutzt. Doch ich werde hellhörig, als ich plötzlich "Almanya" höre, gefolgt von den Worten: "Mister Marc Frederic". Applaus! Ich werde auf die Bühne gerufen. Wie aufregend. Zusammen mit mir, wird noch ein junger Mann aus der Schweiz auf die Bühne gerufen, der ebenfalls mit dem Fahrrad im Iran ist, Wir bekommen eine Auszeichnung für unsere Leistung. Einen Pokal. Super freundlich, super unerwartet, super unpraktisch zu transportieren. Aber macht ja nichts. Anschließend habe ich noch die Chance mich mit Ivan, dem jungen Schweizer zu unterhalten. Er ist mit seiner Freundin Linda unterwegs. Sie hat keinen Preis für ihre Verdienste bekommen. Ich könnte mich drüber aufregen, sie nimmt es jedoch gelassen. Wir haben nicht viel Zeit zusammen, doch es stellt sich heraus, dass sie auch mit dem Bus nach Shiraz fahren. Und zwar in einer Stunde, also noch vor mir. Wir tauschen Nummern aus und verabschieden uns voneinander. Ich lass mich anschließend wieder zurück in mein Hostel fahren. Mir gehts nach einem kurzen Aufschwung am Morgen wieder ziemlich mies und ich lege mich hin, um mich bis zur Abfahrt meines Buses noch ein wenig auszuruhen. Mein Fieber ist schwächer geworden und ich kann tatsächlich eine Stunde schlafen.
Mein Bus hat zwei Stunden Verspätung und unterwegs machen die Fahrer noch irgendwelche Schmugglerdeals, bei welchen viele, schwere Säcke, auf Pickups verladen werden. Einmal muss sogar die Polizei geschmiert werden, ich werde durch das Fenster Zeuge davon. Ich komme also erst drei Uhr Nachts an. Ivan holt mich trotzdem mit dem Fahrrad vom Busbahnhof ab! <3
Die beiden haben mir nämlich ein Bett im Hostel mitgebucht.


Tag 97 - 30.11.2018

- Shiraz; Iran -

 Die letzten Tage habe ich ausschießlich im Bett und auf der Toilette des Hosteldorms verbracht, dass ich mir mit den schweizer Radreisenden Linda und Ivan teile. Ihr Projekt findet ihr unter Soulride2018 auf Instagram. Eine schwere Magen-Darm Erkrankung mit Fieber und allem drum und dran hat mich für knapp eine Woche außer Gefecht gesetzt. Von Shiraz habe ich leider nichts gesehen und auch die altertümliche Stadt Persepolis konnte ich, hingegen meiner Planung nicht besuchen. Ich halte daran fest, dass ich mein Visum im Iran nicht verlängern möchte und so fahre ich auch die nächste Etappe bis in die Küstenstadt Bandar Abbas mit dem Bus, von wo aus ich die Fähre nach Dubai nehmen werde. Der Bus fährt heute Abend um 22:00 Uhr ab und ich werde in Begleitung meiner beiden neuen Schweizer Freunde, die Nacht durch fahren. Der Vorteil: Ein Busticket ist hier sogar günstiger als das Essen, dass ich für die selbe Strecke mit dem Rad brauchen würde. Trotzdem ist es natürlich das Erlebnis das fehlt. Aber ich werde noch genug Gelegnheiten haben auf meine Kilometer zu kommen. 
Es wird Zeit ein neues Kapitel zu starten!


Tag 98- 01.12.2018

- Bandar-Abass; Iran -
Ja! Ich bin wieder unter den Lebenden. Wenn auch noch deutlich geschwächt, kann man mich wieder zu den Lebenden zählen und so habe ich auch die nächtliche Busfahrt gut überstanden. Auch wenn es sich der Busfahrer nicht nehmen ließ, den Bus auf satte 40 Grad zu erhitzen. Morgens um halb sechs kommen wir in der Hafenstadt Bandar-Abbas an und werden von einem anderen Klima in empfang genommen. Heute hat es tagsüber 32 Grad. deutlich mehr nach meinem Geschmack. Wir organisieren unsere Fährtickets nach Dubai. Ich werde morgen übersetzen, die Soulrider in einer Woche. Sie haben noch Zeit sich die Inseln anzuschauen, die der Iran zu den seinen zählen darf. Ich hingegen freue mich, dass es morgen um 18:00 Uhr aufgeht zu neuen Ufern. Am Nachmittag schlagen wir unsere Zelte für die heutige Übernachtung, in der Nähe des Strands auf. Für mich ist es heute das erste Mal, dass ich im Verbund radln und zelten kann. Und morgen ist schon wieder Schluss damit. Schade eigentlich.


Tag 99 - 02.12.2018

- Arabischer Golf -

Endlich werde ich in meinem Zelt mal wieder wach, weil es um sieben Uhr morgens zu warm wird. Wie habe ich das vermisst! Ich bin einfach ein Sommermensch, kannste nix machen. Ich bereite uns ein kleines Frühstück mit Kaffee und Rührei und wir haben's recht schön. Baden gehen trauen wir uns nicht so ganz, schließlich müssten wir uns dafür ausziehen und das ist ja nicht so gern gesehen im Iran. Wahrscheinlich wäre es kein Problem, aber ich bin immernoch nicht wieder bei 100 Prozent und so gebe ich mich damit zu Frieden ein wenig in der Hängematte abzuhängen. Dann packen wir zusammen und ich gehe einmal gründlich mit dem Schwamm über all meine Sachen. Ich begleite die beiden noch zu ihrem Hafen und schmeiße meine Postkarten ein. Dann verabschieden wir uns. Ivan und Linda haben noch eine Woche Visum und gehen auf die Inseln Hormus und Queshem, um ein wenig auszuspannen. Ich muss noch 12 Kilometer weiter zu einem anderen Hafen fahren. Der Boardingprozess ist umständlich und dauert lange, aber wenigstens wird mein ganzes Equipment gewogen und ich bekomme Aufschluss darüber, wie viel ich für meinen Flug nach Sri Lanka in einem Monat noch abspecken muss. Das Ergebnis: ohne mein Handgepäck von ca. 6 Kilo, dass ich auf dem Rücken trage komme ich auf 42,8 Kilo. Das passt perfekt! Wenn ich die Wasserflaschen ausleere und mich von der löchrigen Jeans verabschiede, muss ich noch nicht mal etwas loswerden, um unter der 40 Kilo Freigpäck-Grenze von Sri-Lankan Airlines zu bleiben.

Außer mir sind noch ein Haufen anderer Radreisender auf der Fähre. Eine dreiköpfige deutsche Truppe, ein Tscheche, der den selben Virus erwischt hat, wie ich vor einer Woche (er sieht übel mitgenommen aus, der Arme. Ich weiß wie er sich fühlt!), zwei Franzosen, die auf einem selbstgebauten Tandem unterwegs sind (Insta: mipieds_mimains; schaut's euch gerne mal an, die beiden sind cool!) und noch ein deutsches Pärchen aus Münster, die unter dem Namen Piggybackriders auf Instagram unterwegs sind. Alle haben ähnliche Routen vor und es wird sicher nicht das letzte Mal sein, dass sich unsere Wege kreuzen!
Geplante Abfahrt ist 18:00 Uhr. Wir verlassen den Hafen um 21:00 Uhr.


Tag 100 - 03.12.2018

- Dubai, Vereinigte Arabische Emirate -

Die Einreise dauert genauso lange wie die Ausreise! Der erste krasse Kontrast: die Frauen dürfen zuerst von Board! Im Iran, wo die Frauen als Menschen zweiter Klasse behandelt werden, irgendwie undenkbar. Ich freue mich darüber! Letzten Endes macht es sowieso keinen Unterschied für mich. Wir werden also von Board gelassen und dürfen vom Schiff aus, an der Pier entlang bis zum Einreise-Office mit unseren Fahrrädern fahren. Es ist ein ganz komisches Gefühl für mich in einem Verbund mehrerer Radfahrer unterwegs zu sein. Im Einreisebüro werden Frauen und Männer wieder getrennt hingesetzt, dann werden willkürlich irgendwelche Pässe eingesammelt, ab und zu ein paar Fragen gestellt, aber in der Regel die Pässe samt Stempel einfach wieder ausgeteilt. Da es 15 Angestellte, aber nur einen Stempel zu geben scheint, dauert die Prozedur dementsprechend. Und jetzt ratet mal, wer als einziger zur Leibesvisitation und Gepäckkontrolle in den Nebenraum eingeladen wird. ;) Aber alles läuft total problemlos und nach zwei Minuten bin ich schon wieder frei.
Auf dem Weg in die Stadt, sortiert sich die Gruppe ein wenig aus. Mein Gastgeber Adam, den ich in Georgien kennengelernt habe, hat mir leider am Vorabend spontant mitgeteilt, dass ich doch nicht bei ihm schlafen kann, da sein Mitbewohner Besuch von seinen Schwestern bekommt, was er vorher nicht wusste. So schließe ich mich aus Kostengründen der Gruppe deutscher für eine Unterkunft an und wir finden ein wirklich erschwingliches Gruppenzimmer. Nach dem Mittagessen löse ich mich von der Gruppe und mache meine eigene Stadttour. Ich gehe in die Mall (größte Mall der Welt) und besuche meinen Freund Adam, der in der Mall arbeitet. Nach seinem Feierabend besuchen wir den Burj-Khalifa (höchster Turm der Welt) und wir schauen uns die Water-Dance Springbrunnen Show vor dem Tower an. Wir gehen zusammen Abendessen und ich trinke mein erstes Bier nach einem Monat Abstinenz. Eigentlich ist diese Verkörperung des Kapitalismus und Konsums nicht meine Welt, aber ich komme nicht drumnherum beeindruckt und glücklich zu sein!


Tag 101 - 04.12.2018

- Dubai, Vereinigte Arabische Emirate -
Ich lerne die Stadt noch ein wenig besser kennen. Dazu bin ich hauptsächlich zu Fuß unterwegs. Meine Badesachen habe ich zwar in meinem Rucksack dabei, komme aber gar nicht dazu, schwimmen zu gehen, denn als ich am Badestrand in der Nähe des Burj al Arab ankomme, geht die Sonne bereits unter. Als ich den Rückweg mit den Öffentlichen bestreite, merke ich erst, wie weit ich gelaufen bin, heute bestimmt 20 Kilometer. Bevor ich mich am Abend zum Ausgehen mit meinem Freund Adam treffe, möchte ich noch in Ruhe ein entspanntes Bierchen trinken. Das ist aber gar nicht so leicht, denn in den Emiraten ist es Touristen vorbehalten, Alkohol nur in Bars und Clubs zu trinken. In den supermärkten bekommt man gar keinen Alkohol und um in den lizensierten Liquor Stores einzukaufen, braucht man eine spezielle ID, die nur für "residents" ausgestellt wird. Doch ich glaube eben das macht für mich den Reiz aus. Ich trete also die "Reise" zum nächsten Liquor Store an, nehme zwei Bier aus dem Kühlschrank und stelle mich auf dumm.
"Hello Sir! Can I see your ID please!"

Ich strecke ihm meinen deutschen Personalausweis entgegen.
"No Sir, you need a special license to buy liquor in this country!"
"Whaaat?! Really?! Aw I didn't know that! See, I've just been to Iran and couldn't have a cold beer since four weeks. As a german! Can you imagine that?! I have been so looking forward!"
"I can help you out!" Meldet sich der dritte Mann im Laden. "I can buy it for you! But don't let the police search you, that will cause you some big trouble!"

"Thank you so much man!" verabschiede ich mich und verlasse mit einer undurchsichtigen Plastiktüte bewaffnet den Laden. Bei dem anschließenden Spaziergang zurück ins Hostel, fühle ich mich ein wenig in meine Zeit am Internat zurückversetzt, wo heimliches Alkoholschmuggeln zu meinen Paradedisziplinen gehörte (nichts worauf man stolz sein sollte ;))

Auch mein abendlicher Clubbesuch katapultiert mich schlagartig in meine Vergangenheit nach München zurück! Aufgebrezelte Mädels lassen sich von alten, dicken, Zigarre rauchenden Männern auf Drinks einladen und wackeln dafür mit ihren Hintern, während die armen Jungs dabei zuschauen und den ganzen Abend am selben Bier schlürfen, dabei aber trotzdem wesentlich mehr zu Spaß haben scheinen, als die die sich darauf spezialisiert haben cool hinter ihrem gefüllten Getränkekühler zu sitzen. Wie meistens bei einem Clubbesuch, ist das beste, das Essen danach!


Tag 102 - 05.12.2018

- Abu-Dhabi, Vereinigte Arabische Emirate -
Adam hat heute seinen freien Tag und er hat vorgeschlagen, mit seinem Auto nach Abu Dhabi zu fahren. Abu Dhabi gefällt mir ziemlich gut. Es ist grüner als Dubai, alles ist etwas liebevoller und ein kleines bisschen mehr auf understatement getrimmt. Überhaupt ist alles ziemlich gut organisiert, gepflegt und aufgeräumt hier, ich muss zugeben, dass ich mein vorurteilendes Bild der arabischen Kultur revidieren muss. Zumindest in den Städten Dubai und Abu Dhabi bekomme ich das Gefühl vermittelt, dass traditionelles mit frotschrittlichen Technologien gut in Einklang gebracht wird (natürlich kann man in dieser neuen, künstlichen Welt kaum von Tradition sprechen, doch die arabischen Einflüsse sind immernoch gut erkennbar). Außerdem herrscht ein ziemlich schönes Miteinander verschiedenster Kulturen und Menschen aus aller Herrenländer leben nebeneinander. Diskriminierung oder Bevorzugung einzelner Herkunftsländer konnte ich kaum feststellen und auch wenn alles auf Konsum und Kapitalismus getrimmt ist, muss ich sagen, dass ich mich wohl fühle. Ich muss gestehen, dass meine Vorurteile von Persien und Arabien eigentlich genau vertauscht wurden. Erstaunlich, wie wenig Ahnung ich hatte.
Wir besuchen die Sheikh al Sayyed Grand Mosque in Abu Dhabi. Während des gesamten Aufenthalts schleift meine Kinnlade auf dem Boden. Die Schönheit ist atemberaubend. Die Moschee verfügt über den größten von Hand geknüften Teppich, sowie den schwersten Kronleuchter der Welt. Ich komme aus dem Staunen nicht heraus. Anschließend fahren wir zu den Markthallen, wo wir letztendlich in der Fischmarkthalle landen. Dort kaufen wir Fisch direkt vom Stand und lassen ihn uns direkt, in einer der Kochstuben zubereiten. Ich bin mir nicht sicher, ob ich in meinem Leben jemals zu köstlichen Fisch gegessen habe. Danke Adam!

Tag 103 - 06.12.2018
- Al Madam; UAE -
Etappe Nummer 3 beginnt!
Von der großen Gruppe an Radfahrern, die zusammen auf der Fähre war, sind am Schluss noch Daribor aus Tschechien und ich übrig geblieben. Daribor fand meinen Plan für den Oman gut und er hat sich mir angeschlossen. Ich wollte sowieso mal ausprobieren, wie es sich zu zweit so reisen lässt und so sind wir zusammen in Dubai losgefahren. Daribor ist zwar erfahren im Puncto Radreisen, dass er mich jedoch tempomäßig ein wenig zügelt, war klar. Zeitdruck habe ich aber überhaupt keinen und daher tut mir ein geringeres Tempo auch mal ganz gut. Wir fahren durch die Wüste. Es ist sandiger als die iranische Wüste und heißer!
Als wir die Grenze zum Oman erreichen, werden wir abgewiesen. Hier dürfen nur Autos durch. Wir müssen also einen groben Umweg nehmen. Macht auch nichts. Zu zweit zu Reisen, heißt Kompromisse eingehen. Zurück in einer Ortschaft, will Daribor das Lager aufschlagen. Ich habe bislang meist in der Natur, möglichst weit weg der Zivilisation gecampt, diesmal übernachten wir hinter einer Tankstelle. Ich mag es in der freien Natur wesentlich lieber.
Wenigstens kann man hier frisch einkaufen und so besorge ich uns Alu Grillschalen und frisches Gemüse, das wir über dem Feuer grillen. Es ist richtig viel und richtig lecker.


Tag 104 - 07.12.2018
- Hatta; UAE -
Ich frühstücke ziemlich lecker, mit Kaffee und Ei und Brot. Daribor bleibt zu meinem Glück lieber bei Süßem. Danach kommen wir langsam los. Heute ist es heißer als gestern, ca 33 Grad. Mir taugt das ziemlich! Daribor hingegen kommt mit der Hitze nicht so gut zurecht und so machen wir einige Pausen.
Wir schaffen es nicht bis zur omanischen Grenze wie geplant. Dafür werde ich heute mit der Wahl des Campspots betraut.
Zum Abendessen gibt es heute indisch. Zu zweit zu Reisen hat ganz klar Vorteile! Mehr Essen und zwei Kocher. Da ich vom weniger radeln immernoch viel Energie übrige habe, blühe ich beim Kochen richtig auf und ich bin froh, mal die Chance zu haben das Camp für eine Erkundungstour verlassen zu können o.Ä.
Morgen geht es dann wohl über die Grenze und hoffentlich ans Meer!


Tag 105 - 08.12.2018

- Shinas; Oman -
I am in Oman
Tja, wat soll ich sagen?! Wenn es einen Reisegott gibt, dann war er heute mal wieder richtig gut zu mir! Erst ein schöner Berg, an dem ich mich bei feinen 26 Grad und ein wenig Gegenwind ein wenig austoben konnte, gefolgt von einer schönen kleinen Abfahrt. Anschließend der super problemlose Grenzübergang in den Oman. In einem neuen Land anzukommen ist ja schon immer beflügelnd, aber das ist erst der Anfang! Auf perfekten Straßen fahren wir bis zum ersten Ort angenehm, seicht bergab und ich kann schön ballern. Von der Straße aus ist bereits das Meer zu sehen. In Shinas angekommen, suchen wir uns erstmal ein indisches Restaurant. Das Essen ist der Hammer! Als ich nach der Rechnung frage, sagt der Kellner: "It's already been taken care of!" Und von hinter mir höre ich nur: "Welcome to Oman my brother, you're a brave man! I took care of your bill!" Ich bin komplett baff und beantworte dem Mann im islamischen Gewand Dishdasha, gerne all die Standartfragen über meine Reise! Anschließend gehen mein Mitstreiter Dali (wie ich ihn mittlerweile freundschaftlich nenne) und ich uns eine SIM Karte besorgen. Standartprozedur in einem neuen Land. Für unser Nachtlager finden wir einen perfekten, überdachten Platz direkt am Strand! So einer, wie ich ihn mir immer gewünscht habe! Ich werde hier mindestens einen Tag bleiben!!! Als wir gerade unser Camp aufgeschlagen haben, kommen noch ein paar junge Männer an den Strand und laden mich ein mit ihnen Fußball zu spielen. Ich bin turbo motiviert, zum Leidwesen der gegnerischen Mannschaft. Wir gewinnen knapp, trotz Unterzahl. Als die Jungs zum Gebet abzischen, gehe ich noch kurz im Meer baden, bis die letzten Sonnenstrahlen verschwunden sind! Als ich mich in meinem Zelt umziehe, ist es bereits stockfinster. Plötzlich kommt ein Auto angerauscht und zwei Männer mit drei Tüten steigen aus. Sie stellen die Tüten auf unseren selbstgebauten Tisch und sagen: "Hello!!! Welcome to Oman my friends!" Dann drehen sie sich um und verschwinden wieder, noch ehe ich aus dem Zelt kriechen kann. In den Tüten sind Getränke, Brot und ein heißes, frisches Backhendl! Dali und ich können unser Glück kaum fassen und sitzen während des gesamten Abendessens (Dali isst heute ausnahmsweise auch Fleisch) nur da und schütteln lächelnd den Kopf, weil wir unser Glück gar nicht fassen können. That's what I call a perfect day! Wenn der Oman die ganze Zeit so gut zu mir bleibt, muss ich wirklich schauen, dass die nächsten Reiseziele mich nicht alle enttäuschen!

Tag 108 - 11.12.2018

- Sohar; Oman -

- Tag 108 mit dem Radl um die Welt -
Ich Die letzten zwei Tage lassen sich wunderbar stichpunktartig zusammenfassen:
- Sonne genießen,
- mit Omanis Fußball spielen,
- drei bis fünf mal am Tag im Meer schwimmen gehen,
- am Strand laufen
- lesen

- mit großen Säcken Müll vom Strand aufsammeln (Oman hat wie die meisten Länder leider ein Müllproblem)
Ich hätte problemlos noch ein wenig so weitermachen können, doch heute haben wir (Dali und ich) beschlossen einer Einladung zu folgen und unser Traumcamp am Strand abzubrechen. Ich habe noch einen kleinen Stopp bei der Post eingelegt und mich für ein Paket in die Heimat ganz brutal über den Tisch ziehen lassen. Mein erstes etwas ärgerliches Ereignis im Oman, aber es war wahrscheinlich eher Dummheit des Filialangestellten, als böser Wille. Die Leute hier sind so wahnsinnig freundlich und hilfsbereit, bösen Willen kann man hier einfach niemandem unterstellen!
Anschließend haben wir uns wieder in den Sattel geschwungen, um an der Küste entlang, in die nächste Stadt Sohar zu fahren. Dort erwarten uns Manu und Magda, zwei Radreisende aus Münster (Instagram: piggybackriders) und ihre Gastgeber Annelie und Anton aus Südafrika, die uns heute bei sich aufnehmen. Magda backt Weihnachtsplätzchen und Anton hat ein Barbecue geplant. Könnte wesentlich schlimmer sein!


Tag 109 - 12.12.2018

- As-Suwaiq; Oman -

Heute ist Gruppentag angesagt im Oman. Wir sind zu viert bei unseren Gastgebern in Sohar losgefahren und haben dann noch ein weiteres Pärchen Radreisender aus Frankreich/Spanien aufgesammelt. Es ist lustig, wie sich über verschiedene Verbindungen, mit der Zeit eine richtige Radfernreisenden Community bildet. Das schöne dabei ist unter anderem die Internationalität. Wir sind sechs Leute aus vier verschiedenen Nationen
Nach ca. 45 km teilt sich unsere Gruppe jedoch. Dali geht mit Emily und Millan in Richtung Berge und ich halte weiterhin an der Hoffnung fest, dass ich am Wochenende an einem Rennen teilnehmen kann und um mir diese Möglichkeit offen zu halten, fahre ich mit Manu und Magda bis nach As-Suwaiq, wo wir bei Nici und Shawn auf einer riesigen Gemüsefarm eingeladen sind. Der Kontakt kam über die App 'Warm Showers' zustande, aber neben einer warmen Dusche bekommen wir auch ein Sterne würdiges Abendessen und einen preisverdächtigen Rotwein in einem wirklich schönen Farmhaus. Zum Dessert gibt es dann auch noch Lebkuchen! Unfassbar!
Als ich Nici von meinem Plan erzähle evtl am Spartan Race teilzunehmen, mir aber bislang keiner von den Veranstaltern geantwortet hat, hat sie einen viel besseren Vorschlag und berichtet mir von einem Halbmarathon, der am Samstag in der Nähe von Muscat stattfindet. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich am Wochenende ein Rennen haben werde, ist somit um ein Vielfaches gestiegen.


Tag 110 - 13.12.2018

- As-Suwaiq; Oman -
Ich habe mich für den Rolling Hills Halbmarathon in Al-Bustan angemeldet. Der Lauf findet am Samstag statt. Aus diesem Grund, komme ich dem Angebot meines Gastgebers Shauwn, noch einen Tag bei ihnen auf der Farm zu bleiben und am Freitag mit einem seiner LKWs von der Farm in die Hauptstadt Muscat mitgenommen zu werden, gerne nach. Wir bekommen eine Führung über die Gemüse-Plantagen - ein wirklich riesiges Grundstück auf dem eine große Vielfalt an Gemüse und auch Schnittblumen angebaut wird. Spät am Abend spielen wir mit ein paar Farmarbeitern noch im Hof Badminton. Auf meine Anfragen bei Couchsurfing und Warm Showers, in der Nacht vor dem Rennen irgendwo unterzukommen hat sich leider bislang nichts ergeben. Meine Aufgabe für morgen wird es also sein, nachdem ich in Muscat angekommen bin noch die rund 50 Kilometer nach Al-Bustan zu radeln und dann einen geeigneten Schlafplatz für die Nacht zu suchen, ehe ich am Samstag um 6:30 an der Startlinie stehe.


Tag 111 - 14.12.2018

- Al-Bustan/Muscat; Oman -

Aufgabe für heute war es zu dem Ort zu gelangen, wo das Rennen morgen stattfindet und in der Nähe einen guten Platz zum Zelten zu finden! Von der Farm wurde ich 130 Kilometer mit dem Pickup mitgenommen. Das hat schon mal ordentlich geholfen. Anschließend bin ich in der Freizeitklamotte zur Startlinie gerollt. Doch es war noch nichts zu sehen. Auf dem Weg zur Tankstelle (alles andere hat heute geschlossen) um Wasser zu kaufen, bin ich schon mal einen Teil der Strecke abgefahren... es wird steil!!!
Noch kurz den Strand besuchen und dann das Nachtlager aufschlagen. Ich habe einen super schönen kleinen Park gefunden und kann sogar auf Wiese Zelten. Das hatte ich schon lange nicht mehr!! Keine Ahnung, ob es auch erlaubt ist. Aber so kann das Rennen morgen kommen - auch wenn ich mich gar nicht gut in Form fühle!


Tag 112 - 15.12.2018

- Al-Bustan/Muscat; Oman -

Was für ein brutales Teil! Um 5 Uhr stehe ich auf, baue mein Zelt ab und lasse mich, zwei Kilometer den Berg hinab bis zur Startlinie rollen. Die Stimmung ist entspannter, als ich es von Läufen in Deutschland gewohnt bin. Es wirkt fast noch ein wenig verschlafen. Das liegt aber auch zum Teil daran, dass bei diesem Lauf hauptsächlich Läufer am Start zu sein scheinen, die eine gewisse Routine mit solchen Veranstaltungen haben und die größtenteils auch selbst in dem Laufclub sind, der diesen Lauf austrägt. Dann fällt der Startschuss. Ich habe die Strecke zuvor schon ein wenig besichtigt und weiß, dass da einige steile Berge auf mich zukommen. Ich weiß auch, dass ich in den letzten sieben Wochen nur einmal Laufen war, dass ich etwas zugenommen habe und nicht auf dem Zenit meiner Leistungsfähigkeit bin. Trotzdem weiß ich, dass ich mich immer sehr realistisch einschätzen kann, wenn ich mal in Bewegung bin und so Laufe ich nur nach Gefühl und sortiere mich unter den ersten fün Läufern ein. Dort bleibe ich auch genau so lange, bis es auf den dritten Anstieg zugeht. von dort an muss ich an jedem Anstieg ein bis zwei Leute an mir vorbeiziehen lassen, einige hole ich bergab wieder ein, aber ich verliere dennoch einige Plätze. Insgesamt handelt es sich um zehn Anstiege mit 8 bis 14 Prozent Steigung. Dazu kommt die Hitze, die sofort mit dem Sonnenaufgang da ist. Es ist mit Abstand der heftigste Halbmarathon den ich bislang in meinem Leben gelaufen bin, mit insgesamt über 650 Höhenmetern. Letzten Endes komm ich nach 01:46:26 als Vierzehnter ins Ziel. Aufgrund der Begleitumstände, dass ich nunmal überhaupt mit dem Fahrrad dorthin gekommen bin, bin ich mit diesem Resultat voll zufrieden!
Ich quatsche beim After-Race-Buffet noch ein wenig mit den anderen Läufern. Dann fahre ich wieder zu dem Camp, an dem ich schon die vorige Nacht verbracht habe. Außer Radl putzen und lesen mache ich heute nicht mehr besonders viel!


Tag 113 - 16.12.2018

- Muscat; Oman -

Heiliger Bimbam! Was für ein Wahnsinns-Muskelkater! Bergauf- und vor allem Bergablaufen, haben ihren Tribut gezollt. Ich kann kaum einen Fuß vor den anderen setzen, ohne vor Schmerz mein Gesicht zu verziehen. Also ist heute Sightseeing- und Kulturtag angesagt. Ich besuche das National Museum, das glücklicherweise auch etwas außerhalb der Stadt und nicht weit von meiner Camp ist. Ein wirklich sehr schönes Museum in dem ich einiges über den Oman lerne. Extrem sehenswert! Außerdem lerne ich Ayub kennen. Er arbeitet in dem Museum und kommt mit mir ins Gespräch. Er möchte nach seiner Schicht unbedingt etwas mit mir unternehmen und wir tauschen Nummern aus. Nach dem Museum, besuche ich die Mutrah Souq. Ein traditioneller Basar in der Nähe des Nationalmuseums. Er ist ebenfalls schön und sehenswert, doch da der Basar im Lonely Planet Reiseührer als Geheimtipp angegeben ist, treffe ich dort mehr Deutsche, als ich sie auf meiner gesamten Reise gesehen habe, seitdem ich in Passau über die Grenze nach Österreich gefahren bin. Am Nachmittag fahre ich Richtung Innenstadt und gurke noch ein wenig langsam und planlos in der Stadt herum ehe ich mir am Strand unter freiem Himmel ein kleines Lager aufschlage. Ayub, den ich am Vormittag kennengelernt habe, kommt dann später am Abend noch mit drei Freunden vorbei und lädt mich zum Abendessen ein. Wir haben echt ein paar tolle Gespräche und ich hoffe, dass wir uns bei meinem Aufenthalt im Oman nochmal sehen werden. Dann schlafe ich entspannt am Strand,


Tag 114 - 17.12.2018

- Nizwa; Oman -
Das war ein brutaler Tag! Am Morgen lasse ich mir super viel Zeit, weil ich mir sicher bin, dass ich die Strecke nach Nizwa auf zwei Tage aufteilen werde. Schließlich ist der Muskelkater am zweiten Tag immer am schlimmsten und ich habe einen wirklich krassen Muskelkater (schlimmer als nach meinem letzten Iron Man!). Doch, als ich 40 km hinter mir habe, bekomme ich von Dali die Einladung übermittelt, doch bitte heute Abend ebenfalls zu ihrem Warm Showers Gastgeber in Nizwa zu kommen. Also stehen trotz der Schmerzen für heute noch 110 km auf dem Plan, auch wenn das bedeutet, dass ich im Dunkeln Radln muss.
Am Ende schaffe ich es und bin natürlich mega glücklich, die Strapazen auf mich genommen zu haben. Denn außer meinem Gastgeber für die Nacht, einem kühlen Bier und einer warmen Dusche, warten hier auch Dali, Emily und Millan auf mich! :)


Tag 115 - 18.12.2018

- Majazah; Oman -
Unser Warm Showers Gastgeber Andrew und seine Frau May müssen um sieben Uhr morgens los und in die Hauptstadt. So brechen wir nach einer, für mich zu kurzen Nacht für einen so langen Vortag, um sieben Uhr bei unserem auf. Den Sonnenaufgang beobachten wir in einer Ruine eines altertümlichen Forte. Wunderschön!! Anschließend habe ich eine sehr schwere Entscheidung zu treffen. Entweder ich begeb mich in Richtung der Sehenswürdigkeiten, die ich mir im Landesinneren vorgenommen habe und trenne mich direkt wieder von meinen Freunden, für die ich so kräftig in die Pedale getreten habe, oder ich schließe mich den anderen auf ihrem Weg an die Küste an und habe die nöchsten Tage und vor allem an Heiligabend gute Gesellschaft. Nach zwei Stunden des Überlegens, wähle ich die zweite Option und hebe mir Jabal Schams und ein, zwei Forts, für meinen etwaigen zweiten Oman-Besuch auf. Als wir aufbrechen fahren wir zuerst durch einen Dattelwald. Das ist ziemlich schön und auch interessant, den Männern bei der "Ernte" der Palmenblätter zuzuschauen. Die folgenden 50 Kilometer machen mir aber überhaupt keinen Spaß! Ich bin einfach schlapp. Ich bin so schlapp, dass ich es beim anhalten nicht mal schaffe aus meinen Klickpedalen zu kommen, weil ich zu wenig Kraft habe. Das Resultat ist ein Sturz, bei dem ich mir ärgerlicherweise das Knie aufschlage. Als wir in unserer Campanlage, die wir ganz für uns alleine haben, ankommen, mache ich erstmal einen "Mittagsschlaf" in der Hängematte. Als ich nach einer halben Stunde wieder aufwache, dämmert es bereits und wir fangen an, das Abendessen zu bereiten. Heute gibt es Dal, ein indisches Linsengericht! Es mundet sehr und ich freue mich auf meiner erste Nacht in der Hängematte.


Tag 116 - 19.12.2018

- Wüste; Oman -

Die Nacht in der Hängematte war überraschend frisch! Mein Knie schmerzt kaum noch und zum Frühstück gibt es Pfannkuchen!! Da kann es einem nur gut gehen. Es wird auch eher ein Brunch und daher kommen wir erst gegen Mittag los. Die vergleichsweise kurze Tour, durch bizarre Fels- und Wüstenlandschaften heute ist recht kurzweilig. Weil wir so spät los sind, ist es jedoch schon wieder am dämmern, als wir unsere Zelte in der steinigen Wüste aufschlagen. In der Nähe gibt es nichts außer einer Moschee und einer Kamelfarm mit über 200 Kamelen. Der Besitzer hat uns von der Ferne entdeckt und für morgen früh eingeladen, bei ihm vorbei zu kommen und uns die Farm  anzuschauen. Zum Abendessen machen wir heute vegetarische Fajitas. Es scheint eine kulinarische Woche zu werden.


Tag 117 - 20.12.2018

- Bidiyah; Oman -

Weiter geht die muntere Reise in der Gruppe Richtung Küste, wo wir zusammen Weihnachten feiern wollen. Heute fahren wir bis an den Fuß eines Berges. Oben wollen wir morgen an einem Wadi ausspannen, der ganz besonders schön sein soll. Hoffentlich nicht zu touristisch! Ich habe mich so langsam wieder vollends vom vergangen Wochenende erholt und so heute für die erste Hälfte ein wenig von der Gruppe abgesetzt, um Spaß zu haben und auf die Tube zu drücken. Eine kleine Party am Straßenrand gibt es heute, als Emily und Millan die 7.000 km Marke knacken.

Ich knacke bald die 5.000! :)


Tag 118 - 21.12.2018

- Wadi Bani Khalid; Oman -

Unsere Gruppe wächst! Über gemeinsame Freunde habe ich schon vor vielen Wochen Kontakt zu Tobi aus Weißenburg aufgenommen. Er hat mir im Iran sogar schon einmal Ersatzteile für meine Tasche per Post zukommen lassen. Durch steten Kontakt haben wir gestern herausgefunden, dass er nur drei Kilometer von unserem Park entfernt sein Zelt aufgeschlagen hat und heute auch zu dem Wadi hinauffahren möchte. Ich schicke die anderen drei voraus und hole Tobi von seinem Campspot ab. Nach so vielen Wochen Kontakt über soziale Medien, ist das erste Treffen schon so vertraut, als würde man sich schon lange kennen. Wir haben viel zu bequatschen. Der eine harte Berg den wir hinauf müssen, lässt mich trotzdem noch ordentlich spüren, dass meine Beine immernoch etwas lahm sind. Oben am Gipfel haben wir die anderen wieder eingeholt. Als wir in einem kleinen Örtchen kurz vor unserem Ziel nochmal Pause machen, stößt tatsächlich noch ein weiterer Radreisender zu uns. Luis ist 24, aus Berlin, studiert an der SpoHo in Köln und reist zu haben, sind wir quasi im Paradis angekommen. Es handelt sich uhaben, sind wir quasi im Paradis angekommen. Es handelt sich um eine Oase in den Bergen. Man kann hier schwimmen und springen und es ist einfach wunderbar. Für vier Euro können wir uns bei einem Buffet noch so richtig die Bäuche vollschagen.m eine Oase in den Bergen. Man kann hier schwimmen und springen und es ist einfach wunderbar. Für vier Euro können wir uns bei einem Buffet noch so richtig die Bäuche vollschagen.


Tag 119 - 22.12.2018

- Wadi Bani Khalid; Oman -
Mit Luis und Tobi haben wir in unserer Gruppe aus sportlicher Sicht ein ordentliches Upgrade bekommen, was mich natürlich enorm freut. Luis studiert Sport und ist im Radsport aktiv, Tobi ist früher einmal Rennen gefahren, hat Power und weiß wie es geht! Nachdem wir in der großen Gruppe, gemeinsam die Berge die wieder vom Wadi wegführen bezwungen haben, machen wir mit den anderen einen Treffpunkt für den Nachmittag aus und dann schüren Tobi, Luis und ich im Dreierverbund los. Wie eine Dampflok holzen wir trotz Gegenwind über die Autobahn. Das ist ein gannz anderes Niveau des Radlns und wir haben richtig Spaß! Als wir fünfzig Kilometer weiter in dem Ort ankommen, den wir mit den anderen vereinbart haben, habe wir ordentlich Kohldampf und essen richtig lecker aber vor allem reichlich beim Pakistani. Anschließend suchen wir wieder alle gemeinsam einen Ort zum Campen in der Wüste. Man merkt, dass wir alle schon unsere Erfahrungen gesammelt haben und jeder einer genaue Vorstellung, von einem perfekten Camp hat. Leider unterscheiden sich diese Vortsellungen teilweise und die Suche nach dem perfekten Platz ist in gewisser Weise ein Prozess. Schlussendlich werden wir uns jedoch natürlich einig.


Tag 120 - 23.12.2018

- Ras al Hadd; Oman -
Wir fahren alle gemeinsam los, bis zu einer Tankstelle. Tobi und Dali werden etwas länger im Oman bleiben und schaffen es in der Nähe der Tankstelle ihr Visum, das sonst nur 30 Tage gültig ist, zu verlängern. Anschließend trennen wir uns wieder. Dali, Emily und Millan wollen die Fahrt bin zu dem Strandf an dem wir gemeinam Weihnachten verbringen wollen auf zwei Tage splitten, Tobi, Luis und ich wollen heute dort ankommen. Also heißt es nochmal 100km heizen! Ich hatte seit dem Halbmarathon keinen Pausentag mehr und hab ordentlich Kilometer in den Beinen. Ich hab also langsam ein wenig genug und gehe auf dem Zahnfleisch. Die zweiten 50 Kilometer muss ich richtig beißen und wenn die anderen beiden nicht rausgenommen hätten, hätte ich nicht mehr mithalten können. Wir kommen an unserem Zielstrand an und finden an einer verlassenen Fischerhütte auch direkt einen super Platz, um unser Lager aufzuschlagen. Dann gehen wir im Meer schwimmen. Ich bin richtig froh, jetzt erstmal ein paar Tage nicht radln zu müssen! Weihnachten kann kommen!